Von digitalen Fussfesseln oder „Killt cc“ (1)

Die Beschwerden hört man täglich: „Die e-mails sind ein Wahnsinn“, „Dauernd will einer was“ und letztlich „Wie soll ich mich da auf irgendetwas konzentrieren?“

Erst zigtausend Jahre nur gesprochene Sprache, dann einige hundert Jahre die geschriebene. Mit ihr konnte man – abgesehen von Trommeln oder Rauchzeichen – erstmals asynchron kommunizieren. Die beteiligten Partner mussten nicht mehr gleichzeitig am selben Ort sein.
Ein weiterer Abschnitt war dann der Telegraph, das Festnetztelefon wird nun seit mehr als 100 Jahren benutzt, das Fax seit ein paar Jahrzehnten.
Prinzipiell brachten diese neuen Formen der Kommunikation auf Distanz den Menschen deutlich mehr Informationen, der schnellere Informationsfluss steigerte auch die Effizienz.

Wem zuviel Informationen drohten, der baute Schutzfilter ein. Der wichtigste wurde Sekretariat genannt.

Dann kam die Digitalisierung und mit ihr explodierte die Kommunikation. E-Mail und Mobiltelefon erreichten in den Wohlstandsgesellschaften Ende der neunziger Jahre die breite Masse. Heute werden täglich mehr als 60 Milliarden Mails verschickt, in Österreich gibt es inzwischen mehr aktive Handys als Einwohner.

Neben E-Mail-Programmen nutzen vor allem Jugendliche Instant-Messenger-Clients, Miniprogramme, mit denen sie ständig Kurznachrichten austauschen können, wenn sie online sind. Mit Skype und ähnlichem wurde der Computer zum kostenlosen Bildtelefon, und seit Blackberry und UMTS-gerüsteten Smartphones und Pocket-PCs sind e-mails ebenfalls allgegenwärtig.

Als - zuerst begrüßte, inzwischen teilweise wieder bedauerte Folge davon - hat sich die Kommunikationsgeschwindigkeit ständig erhöht. Der Trend geht zum Zweitmonitor, auf dem ständig das E-Mail-Programm mitrennt. Und die Anklopf-Funktion bei Telefonaten sorgt dafür, dass kaum ein Gespräch ungestört bleibt.

Der moderne Mensch hat sich digitale Fußfesseln angelegt.

Er surft in der Hotellobby per WLAN im Internet, gleichzeitig telefoniert er privat und kontrolliert daneben den Firmen-Blackberry auf neue mails. Und in unzähligen Business-Meetings lauschen die Teilnehmer nicht nur den Partnern am Tisch, sondern sehen parallel dazu ins Internet und verschicken SMSs - moderner Alltag.

In den USA hat man dafür eine treffende Bezeichnung gefunden: „CMC“ - Constant Multitasking Craziness. Nur noch Kommunikationsgenies beherrschen diesen Wahnsinn.

„Der amerikanische Psychiater Edward Hallowell hat in diesem Zusammenhang ein zweites Akronym eingeführt. Er hat die Massenkrankheit ADT entdeckt, Attention Deficit Trait. Trait heißt auf Deutsch so viel wie Zerstreutheit und ist im Unterschied zu ADD (Attention Deficit Disorder) nicht erblich, sondern eine Folge der kommunikativen Überlastung. ADT zeigt Symptome wie leichte Aggression, innere Unruhe und Konzentrationsstörungen. Im Urlaub verschwindet sie in der Regel, kommt aber schnell zurück, wenn der Patient wieder am Büroschreibtisch sitzt und auf allen Kanälen gleichzeitig Informationen saugt und sendet.“, schrieb kürzlich zum diesem Thema das deutsche Wirtschaftsmagazin „brand eins“ mit ironischem Unterton.

Über Lösungsversuche dazu in Kürze.

Manfred Hluma

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