Mittwoch, 1. August 2007

Second Death?

Die Internet-Kunstwelt „Second Life“ könnte vom Aussterben bedroht sein, der Hype um die virtuelle Welt der Betreiberfirma Linden Lab (http://www.lindenlab.com) vielleicht schon bald Geschichte.
Immer mehr Firmen schließen ihre Präsenz in der virtuellen Welt Second Life (SL). Von vereinsamten Unternehmens-Inseln und leeren und Auslagen berichten SL-Welten-Wanderer. Prominente Beispiele sind der Computerhersteller Dell, der seine Insel ebenso aufgab wie die Hotelkette Starwood. Auch die Nutzerzahlen sanken in den letzten Monaten und das Wachstum der Population insgesamt erreichte im Juni das niedrigste Niveau der vergangenen sechs Monate.
Offen ist, ob es sich nur um eine vorübergehende Flaute oder doch eher um das Ende der Second Life-Hysterie handelt. Jedenfalls wird allmählich deutlich, dass diese virtuelle Welt nicht das hält was sich Besucher und Betreiber erhofft haben.
Und während man in der Wiener Szene vor wenigen Monaten noch begeistert die SL-Avatar-Namen weitergab – manche zierten sogar die Visitkarten –, ist die Begeisterung weitgehend verschwunden. Die Kundenanfragen nach Second Life seien deutlich zurückgegangen, berichten einschlägigen Agenturen. Zum Abflauen der Euphorie hätten auch negative Meldungen über Kinderpornografie und Produktpiraterie beigetragen (in der BRD gab es in diesem Zusammenhang sogar Verhaftungen).
Doch frei nach dem Motto „Da muss man durch“ lassen sich viele Firmen nicht entmutigen. Adidas beispielsweise verkauft im SL 2700 Paar – reale – Schuhe im Monat und will weitermachen. Mercedes Benz bietet den SL-Avataren auch weiterhin eine Teststrecke mit allen Wetterverhältnissen, auf die C-Klasse virtuell getest werden kann.
Derzeit sind bei Second Life rund 5,2 Millionen User registriert, davon sind rund 700.000 inaktiv und dürften demnächst gelöscht werden. Rund 2,6 Mrd. Linden-Dollar, der SL-Währung, sind in der virtuellen Welt in Umlauf (etwa sieben Millionen Euro).
Aber es gibt eine virtuelle Völkerwanderung, der manche Unternehmen folgen. IBM ist inzwischen in „Entropia Universe“ (www.entropiauniverse.com) angesiedelt und „There“ (www.there.com) aktiv. Entropia Universe wird vom schwedischen 3D-Spezialisten Mindark (www.mindark.com) betrieben und seit dem Start 2003 haben sich 580.000 Nutzer registriert. „There“ hat laut eigenen Angaben rund eine Million Mitglieder. Betreiber ist das in Silicon Valley angesiedelte Unternehmen Makena Technologies.
Absolut jugendfrei ist jedenfalls „papermint“, ein österreichisches Gegenstück zu Second Life, das in einem aufgelassenen Kino in Wien-Hütteldorf entwickelt wurde (www.papermint.at). Papiermünzen sind die interne Währung in Papermint, je nach Kaufmenge kosten sie zwischen 5 und 7 Cent. Diese benötigt man unter anderem, um stets einem ausreichenden Vorrat an Minze parat zu haben, mit dem ein so genannter „Wobbel“, ein ständiger Begleiter des gewählten Avatars, gefüttert werden muss, damit er sein Gedächtnis behält. Während das Spiel an sich gratis ist, muss man beispielsweise für die Wohnungseinrichtung oder pfiffiges Gewand bezahlen.

Manfred Hluma

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