Von „Reifen Ansprüchen“ und PEGGI-Marketing (1)
Die Gesellschaft altert, jedoch gar nicht still und leise. Die Generation der Baby-Boomer tauscht Lebensabend gegen -lust und schätzt ausgeprägten Service, besonders im Urlaub. Vom Potenzial des „Silber-Markts“, neuen Perspektiven und alten Klischees.
Haben Sie Ihren Seniorenausweis dabei?“ Fragen dieses Kalibers könnten sie richtig auf die Palme bringen, gab Christiane Hörbiger in einem Interview zu Protokoll. Warum? Ganz einfach: Weil sich die Hörbiger mit siebzig im Lebensstil einer klassischen Seniorin ganz und gar nicht wiederfindet.
Diese Einstellung dürfte bei einer ganzen Generation auf breite Zustimmung stoßen. Laut Berliner Altersstudie des Max Planck Institute for Human Development fühlen sich Menschen über 50 heute mindestens ein Dutzend Jahre jünger als im Pass vermerkt. Mittlerweile sind die Baby-Boomer der Nachkriegszeit, repräsentiert durch Aushängeschilder wie Iris Berben (58), Niki Lauda (60) oder Thomas Gottschalk (59), in den besten Jahren angekommen – eine Generation, die sich, wenn überhaupt, frühestens mit 75 in die Senioren-Schublade stecken lässt. Eben darum bedienen sich die Marketing-Macher – meist nicht minder schmeichelhafter – Euphemismen. Schon gehört vom „älteren Youngster“, von der „Generation Happy End“ oder den „neue Alten“?
Die Zukunft wird älter
Mit gefühlten 38 Lenzen bereits zum alten Eisen zählen? Mitnichten, eher zur Mehrheit, wie die demografischen Fakten belegen. „Die Alterung der Bevölkerung im gesamten westlichen Industrieraum ist eine der wenigen zu prognostizierenden Fixgrößen für die nächsten 50 Jahre“, so Zukunftsforscher Andreas Reiter. Drei Millionen über 50-Jährige stellen in Österreich schon heute über ein Drittel der Bevölkerung. In 20 Jahren werden Berechnungen der Statistik Austria zufolge 45 Prozent der Österreicher – rund vier Millionen – ihren 50. Geburtstag bereits hinter sich haben.
Generationensprung in die Vergangenheit: In den 1980er-Jahren kaprizierten sich zunächst private Fernsehsender wie RTL und SAT 1 auf die 14- bis 49-Jährigen als werberelevantes Publikum, als Restgröße blieb eben die Generation 50plus – bis heute, obwohl die damaligen Parameter keinerlei Gültigkeit mehr besitzen. Im Gegenteil, die Momentaufnahme bescheinigt den Mitfünzigern bis -siebzigern hohes Konsumpotenzial. Sicheres Einkommen sowie geringe Fix- und Anschaffungskosten für Wohnen & Co. erheben die vom Marketing häufig stiefmütterlich Behandelten in den Konsumadel. In Österreich stehen den über 50-Jährigen an die 30 Mrd. Euro Vermögen zur Verfügung, die jährliche Kaufkraft überschreitet 18 Mrd. Euro.
Grauer Markt, rosiges Potenzial„Die Angehörigen dieser Generation sind meist anspruchsvolle Verbraucher, die für Qualität und guten Service gerne mehr ausgeben. Dies eröffnet dem Handel, aber auch anderen Sparten, wie der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, vielfältige neue Chancen", bezog sich Anna Maria Hochhauser, Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), im Rahmen der Informationsveranstaltung „Beste Geschäfte mit der Generation 50plus“ auf die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der WKO.
„In einer Gesellschaft des Jungseins gibt sich der Marktdialog mit den älteren Generationen als Gratwanderung, die keinesfalls auf Alters-Etikettierung und Ghetto-Produkten aufbauen darf“, betont Hans Schnait, Geschäftsführer von coop 50 Plus, einer auf Generationenmarketing spezialisierten Beratungsplattform aus Maria Lanzendorf bei Wien. Der „Senioren-Teller“ auf der Speisekarte oder die „Seniorenfahrt mit dem Bus“ gelten längst als restriktive Elemente beim Vorhaben, den modernen reifen Gast abzuholen.
Vertreter des „Reifenetzwerks“, einer Plattform deutscher Unternehmen aus Markt- und Werbungsforschung, meinen, ein Schlupfloch aus der ungeliebten Etikettierung durch das biologische Alter gefunden zu haben: Der Begriff „PEGGI“ steht für Persönlichkeit, Erfahrung, Geschmack, Geld, Interessen und spiegelt einen Lifestyle, nicht das biologische Alter wider.
PEGGIs im Profil
Persönlichkeit: vielschichtig & inhomogen
Erfahrung: selbstbewusst & erfahren
Geschmack: ausgebildet, anspruchsvoll & genussfähig
Geld: meist gutes Auskommen
Interessen: vielseitig & intensiv
Quelle: www.reifenetzwerk.de
Text: Alexandra Gruber
Haben Sie Ihren Seniorenausweis dabei?“ Fragen dieses Kalibers könnten sie richtig auf die Palme bringen, gab Christiane Hörbiger in einem Interview zu Protokoll. Warum? Ganz einfach: Weil sich die Hörbiger mit siebzig im Lebensstil einer klassischen Seniorin ganz und gar nicht wiederfindet.
Diese Einstellung dürfte bei einer ganzen Generation auf breite Zustimmung stoßen. Laut Berliner Altersstudie des Max Planck Institute for Human Development fühlen sich Menschen über 50 heute mindestens ein Dutzend Jahre jünger als im Pass vermerkt. Mittlerweile sind die Baby-Boomer der Nachkriegszeit, repräsentiert durch Aushängeschilder wie Iris Berben (58), Niki Lauda (60) oder Thomas Gottschalk (59), in den besten Jahren angekommen – eine Generation, die sich, wenn überhaupt, frühestens mit 75 in die Senioren-Schublade stecken lässt. Eben darum bedienen sich die Marketing-Macher – meist nicht minder schmeichelhafter – Euphemismen. Schon gehört vom „älteren Youngster“, von der „Generation Happy End“ oder den „neue Alten“?
Die Zukunft wird älter
Mit gefühlten 38 Lenzen bereits zum alten Eisen zählen? Mitnichten, eher zur Mehrheit, wie die demografischen Fakten belegen. „Die Alterung der Bevölkerung im gesamten westlichen Industrieraum ist eine der wenigen zu prognostizierenden Fixgrößen für die nächsten 50 Jahre“, so Zukunftsforscher Andreas Reiter. Drei Millionen über 50-Jährige stellen in Österreich schon heute über ein Drittel der Bevölkerung. In 20 Jahren werden Berechnungen der Statistik Austria zufolge 45 Prozent der Österreicher – rund vier Millionen – ihren 50. Geburtstag bereits hinter sich haben.
Generationensprung in die Vergangenheit: In den 1980er-Jahren kaprizierten sich zunächst private Fernsehsender wie RTL und SAT 1 auf die 14- bis 49-Jährigen als werberelevantes Publikum, als Restgröße blieb eben die Generation 50plus – bis heute, obwohl die damaligen Parameter keinerlei Gültigkeit mehr besitzen. Im Gegenteil, die Momentaufnahme bescheinigt den Mitfünzigern bis -siebzigern hohes Konsumpotenzial. Sicheres Einkommen sowie geringe Fix- und Anschaffungskosten für Wohnen & Co. erheben die vom Marketing häufig stiefmütterlich Behandelten in den Konsumadel. In Österreich stehen den über 50-Jährigen an die 30 Mrd. Euro Vermögen zur Verfügung, die jährliche Kaufkraft überschreitet 18 Mrd. Euro.
Grauer Markt, rosiges Potenzial„Die Angehörigen dieser Generation sind meist anspruchsvolle Verbraucher, die für Qualität und guten Service gerne mehr ausgeben. Dies eröffnet dem Handel, aber auch anderen Sparten, wie der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, vielfältige neue Chancen", bezog sich Anna Maria Hochhauser, Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), im Rahmen der Informationsveranstaltung „Beste Geschäfte mit der Generation 50plus“ auf die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der WKO.
„In einer Gesellschaft des Jungseins gibt sich der Marktdialog mit den älteren Generationen als Gratwanderung, die keinesfalls auf Alters-Etikettierung und Ghetto-Produkten aufbauen darf“, betont Hans Schnait, Geschäftsführer von coop 50 Plus, einer auf Generationenmarketing spezialisierten Beratungsplattform aus Maria Lanzendorf bei Wien. Der „Senioren-Teller“ auf der Speisekarte oder die „Seniorenfahrt mit dem Bus“ gelten längst als restriktive Elemente beim Vorhaben, den modernen reifen Gast abzuholen.
Vertreter des „Reifenetzwerks“, einer Plattform deutscher Unternehmen aus Markt- und Werbungsforschung, meinen, ein Schlupfloch aus der ungeliebten Etikettierung durch das biologische Alter gefunden zu haben: Der Begriff „PEGGI“ steht für Persönlichkeit, Erfahrung, Geschmack, Geld, Interessen und spiegelt einen Lifestyle, nicht das biologische Alter wider.
PEGGIs im Profil
Persönlichkeit: vielschichtig & inhomogen
Erfahrung: selbstbewusst & erfahren
Geschmack: ausgebildet, anspruchsvoll & genussfähig
Geld: meist gutes Auskommen
Interessen: vielseitig & intensiv
Quelle: www.reifenetzwerk.de
Text: Alexandra Gruber
hlumamanfred - 2. Sep, 16:05