Schlangestehen für Kulturgenuss
Hassen Sie Schlangestehen auch?
Einkaufen im Supermarkt: drei Menschen am Fleischstand, vier bei der Wurst („Ja, gaanz dünn schneiden und schön auflegen, bitte!“), sechs an der Brotausgabe und an der Kasse nur fünf, dafür hat einer vergessen, die Äpfel abzuwiegen. Dauert ja nur zwei weitere Minuten, bis er zurückgelaufen ist und das erledigt hat, während alle anderen warten müssen. Die halbe Mittagspause geht so locker drauf.
Arztbesuche lasse ich hier weg, die dort vergeudete Wartezeit ist eigentlich gesundheitsschädigend, und um die Anstellerei auf den Flughäfen kommt man ohne Privatjet halt nicht herum.
Absolut penetrant wird es aber, wenn man in der als Vielarbeiter mühsam abgesparten Freizeit wieder warten soll. Und einiges deutet darauf hin.
„Die Menschen werden in Zukunft vor Konzertkassen, Museen und Kunstausstellungen Schlange stehen wie die Nachkriegsgeneration vor Lebensmittelläden“, prognostizierte das deutsche BAT Freizeit-Forschungsinstitut im Jahr 1992. Jetzt ist es Realität. Seit Ende Mai stehen beispielsweise täglich bis zu 5.000 Besucher Schlange vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Und wer die – wenn man einmal oben ist zugegebenermaßen grandiose - Reichstagskuppel besuchen will, darf sich freuen, wenn er weniger als eine halbe bis dreiviertel Stunde anstehen muss.
Wie ein gerade veröffentlichte neue Repräsentativbefragung der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen zeigt, wird die inszenierte Massenkultur deutlich zunehmen: „Der Interessenschwerpunkt speziell der Jüngeren verlagert sich immer mehr auf spezielle Angebote der Eventkultur mit dem Charakter des Außergewöhnlichen“.
Museen, Musikfestivals und Open-Air-Konzerte liegen voll im Trend. „Immer mehr Städte und Regionen gehen dazu über, einen eigenen Kultursommer zu kreieren, eine Art fünfte Jahreszeit für Städtetouristen und Daheimurlauber“, so Horst W. Opaschowski, der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung. „Exklusive Sonderausstellungen in Museen und Galerien machen den Besuch zum gesellschaftlichen Ereignis. Ein ‚Muss’ für viele. ‚Man’ geht eben hin“. Die Kulturszene wird zur Eventkultur, über welche die Medien bereits ausführlich berichten, bevor die Veranstaltungen überhaupt stattgefunden haben.
„Der massentouristische Ansturm bleibt nicht aus“, schreiben die BAT-Studie-Autoren, „Die Hochkultur bekommt Züge von Massenkultur.“ Und damit heißt es erneut Schlangestehen.
Der Trend ist auch in Österreich eindeutig erkennbar.
336.800 Museumsbesucher lockte die letzte „Lange Nacht der Museen“ in ganz Österreich an, davon allein 174.100 Besucherinnen und Besucher in Wien.
Über 300.000 Besucher zählte die im Jänner 2007 zuende gegangene Picasso-Ausstellung, die Albrecht Dürer-Ausstellung im Herbst 2003 konnte 430.000 Besuchern nur drei Monaten verbuchen. Auch damals war die Warteschlange lang.
Und das verleidet vielen den Genuß. Ich würde mir jedenfalls eine Jahreskarte des Museums kaufen, das mit einem zeitgemäßen Besucherkonzept aufwartet. In dem man beispielsweise bei Espresso und Prosecco entspannt im Ausstellungskatalog blättert, bis der Aufruf kommt: „Herr Hluma, jetzt zur Ausstellung bitte“.
Manfred Hluma
Einkaufen im Supermarkt: drei Menschen am Fleischstand, vier bei der Wurst („Ja, gaanz dünn schneiden und schön auflegen, bitte!“), sechs an der Brotausgabe und an der Kasse nur fünf, dafür hat einer vergessen, die Äpfel abzuwiegen. Dauert ja nur zwei weitere Minuten, bis er zurückgelaufen ist und das erledigt hat, während alle anderen warten müssen. Die halbe Mittagspause geht so locker drauf.
Arztbesuche lasse ich hier weg, die dort vergeudete Wartezeit ist eigentlich gesundheitsschädigend, und um die Anstellerei auf den Flughäfen kommt man ohne Privatjet halt nicht herum.
Absolut penetrant wird es aber, wenn man in der als Vielarbeiter mühsam abgesparten Freizeit wieder warten soll. Und einiges deutet darauf hin.
„Die Menschen werden in Zukunft vor Konzertkassen, Museen und Kunstausstellungen Schlange stehen wie die Nachkriegsgeneration vor Lebensmittelläden“, prognostizierte das deutsche BAT Freizeit-Forschungsinstitut im Jahr 1992. Jetzt ist es Realität. Seit Ende Mai stehen beispielsweise täglich bis zu 5.000 Besucher Schlange vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Und wer die – wenn man einmal oben ist zugegebenermaßen grandiose - Reichstagskuppel besuchen will, darf sich freuen, wenn er weniger als eine halbe bis dreiviertel Stunde anstehen muss.
Wie ein gerade veröffentlichte neue Repräsentativbefragung der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen zeigt, wird die inszenierte Massenkultur deutlich zunehmen: „Der Interessenschwerpunkt speziell der Jüngeren verlagert sich immer mehr auf spezielle Angebote der Eventkultur mit dem Charakter des Außergewöhnlichen“.
Museen, Musikfestivals und Open-Air-Konzerte liegen voll im Trend. „Immer mehr Städte und Regionen gehen dazu über, einen eigenen Kultursommer zu kreieren, eine Art fünfte Jahreszeit für Städtetouristen und Daheimurlauber“, so Horst W. Opaschowski, der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung. „Exklusive Sonderausstellungen in Museen und Galerien machen den Besuch zum gesellschaftlichen Ereignis. Ein ‚Muss’ für viele. ‚Man’ geht eben hin“. Die Kulturszene wird zur Eventkultur, über welche die Medien bereits ausführlich berichten, bevor die Veranstaltungen überhaupt stattgefunden haben.
„Der massentouristische Ansturm bleibt nicht aus“, schreiben die BAT-Studie-Autoren, „Die Hochkultur bekommt Züge von Massenkultur.“ Und damit heißt es erneut Schlangestehen.
Der Trend ist auch in Österreich eindeutig erkennbar.
336.800 Museumsbesucher lockte die letzte „Lange Nacht der Museen“ in ganz Österreich an, davon allein 174.100 Besucherinnen und Besucher in Wien.
Über 300.000 Besucher zählte die im Jänner 2007 zuende gegangene Picasso-Ausstellung, die Albrecht Dürer-Ausstellung im Herbst 2003 konnte 430.000 Besuchern nur drei Monaten verbuchen. Auch damals war die Warteschlange lang.
Und das verleidet vielen den Genuß. Ich würde mir jedenfalls eine Jahreskarte des Museums kaufen, das mit einem zeitgemäßen Besucherkonzept aufwartet. In dem man beispielsweise bei Espresso und Prosecco entspannt im Ausstellungskatalog blättert, bis der Aufruf kommt: „Herr Hluma, jetzt zur Ausstellung bitte“.
Manfred Hluma
hlumamanfred - 3. Aug, 13:22