Dienstag, 14. September 2010

"Als Pilger unterwegs" oder "Zu Fuß zum ich" (2)

Ohne großen organisatorischen Aufwand lässt sich das Seelenheil zum Beispiel bei einer geführten Pilgerwanderung in der Gruppe finden. Speziell ausgebildete Pilgerbegleiter stellen Wanderungen zusammen und stehen ihren Schützlingen zur Seite. Im Pilgerjahr 2010 finden sich unzählige solcher Touren auf dem Terminkalender. Gemeinschaftsgefühl kommt etwa auf dem Innviertler Jakobsweg von Passau nach Salzburg auf (7. bis 12. Juni) oder auf dem Jakobsweg in Tirol von der Kronburg bis St. Christoph am Arlberg (16. bis 18. Juli). Für jene, die selbst zum zertifizierten Pilgerbegleiter werden wollen, bietet die Erzdiözese Salzburg eine dreitägige Ausbildung an.

Hab und Gut mit sich zu tragen ist zwar für viele ein Bestandteil des Pilgerns, fallweise werden jedoch bereits geschnürte Packages für Individualpilger angeboten, die einen bequemen Gepäcktransport beinhalten. „Den Salzburger Jakobsweg in 8 Tagen“ kann man beispielsweise nur mit leichtem Tagesgepäck auf den Schultern absolvieren. Auf vier Etappen und knapp 100 Kilometern führt der alte Pfad von Frankenmarkt bis zum Pass Strub.

Auf der Suche nach Inspiration

Der „Jakobsweg-Virus“ steckt nicht nur die Menschen an, die aus dem Hamsterrad des Alltags ausbrechen wollen, sondern inspiriert auch Touristiker und religiöse Institutionen zu neuen Wegangeboten. Zu Ostern 2010 eröffnete der Jakobsweg Weinviertel – die Wiederbelebung einer alten Route, die ursprünglich in Krakau begann. Die Weinviertler Wegstrecke führt auf 162 Kilometern von Mikulov in Tschechien über Mistelbach und Stockerau bis nach Mautern an der Donau. Dort schließt der Weg an den österreichischen Jakobsweg in Richtung Westen an.

Der neue „Weg des Buches" vom bayerischen Passau bis ins Kärntner Arnoldstein verfolgt die Spur der Lutherbibel, der ersten Heiligen Schrift in deutscher Sprache. Der heutige Pilger beschreitet in 29 Tagesetappen dieselben Pfade wie Handwerker und Kaufleute, die Luthers Schriften mit sich führten. Zunächst geht es den alten Handelsweg entlang von Passau ins Oberösterreichische, wo sich der Wanderer inmitten der Gegenreformation wähnt, in der die Volksbibeln über Schmuggelwege in geheime protestantische Zellen geschleust wurden. Der Pfad schlingt sich durch die Steiermark vorbei an frühen protestantischen Bauernsiedlungen in Kärntens Berge.

Unter dem Titel „Pilgern und Wallfahren in Mitteleuropa“ beschäftigt sich eine neue grenzüberschreitende Initiative mit der Errichtung und Vermarktung von Wallfahrtswegen von Ungarn nach Mariazell, der Weiterführung des Jakobsweges nach Budapest sowie der Koordination von Pilgerwegaktivitäten in Österreich.

Die Via Nova ist der jüngste europäische Pilgerweg. Sie reicht von Niederbayern nach St. Wolfgang im Salzkammergut. Spirituelle Erfahrungen, landschaftliche und kulinarische Reize reihen sich entlang der 280 Kilometer langen Gesamtstrecke aneinander. Im Gegensatz zur Via Nova darf sich die Via Sacra zur Mariazeller Gnadenmutter als Österreichs älteste Pilgerroute rühmen. Der heilige Weg beginnt vor den Toren Wiens und führt durch den Wienerwald, die Wiener Alpen und das Mostviertel nach Mariazell. Bei Mostviertel Tourismus sind „Pilger-Arrangements“ buchbar, die Nächtigungen bei speziellen „Via Sacra-Gastgebern“, Routenbeschreibungen und Kartenmaterial inkludieren.
Alexandra Gruber


Pilgern im WWW

Pilgern in Österreich
www.pilgerwege.at

Pilger-Community
www.pilgern.at

Auf den Spuren der Pilger und Wallfahrer

Steirische Pilgerwege
www.pilgern.info

Burgenländische Pilgerwege
www.pilgerinfo.at

Salzburger Pilgerwege
www.pilgern.salzburgerland.com

Jakobsweg Tirol
www.jakobsweg-tirol.net

Pilgern in Kärnten
www.pilgerninkaernten.at

Hemma-Pilgerwege
www.hemmapilgerweg.com

Pilgern im Weinviertel
www.pilgerweg.cc

Weg des Buches
www.wegdesbuches.at

Via Sacra (nach Mariazell)
www.viasacra.at

Jakobswege in Österreich
www.jakobswege-a.eu

Lehrgang PilgerbegleiterIn
www.kirchen.net/tourismusreferat

„Als Pilger unterwegs“ oder „Zu Fuß zum Ich“ (1)

Als Widerpart zur multimedial geprägten und schnelllebigen Gegenwart gewinnt die Spiritualität wieder an Raum. Über die Konfessionen hinweg entdecken immer mehr Menschen das Pilgern, gehen auf alten und neuen Wegen auf Sinnsuche.

Immer wenn der 25. Juli, das Fest des Apostel Jakobus, auf einen Sonntag fällt, läuten die Glocken der Kathedrale in Santiago de Compostela in Spanien ein „Jakobsjahr“ ein, wie auch zum Jahreswechsel 2009/10. Im örtlichen Pilgerbüro wird genau Buch geführt, wer auf dem berühmten „Camino de Santiago“ die Grabstätte des Heiligen Jakob erreicht, die neben Rom und Jerusalem zu den wichtigsten spirituellen Reisezielen des Christentums zählt. Die Zahlen verdeutlichen den europaweiten Trend zum Pilgern. Im Jakobsjahr 1982 holten sich 1.860 Pilger ihre Urkunde für den erfolgreich absolvierten Jakobsweg ab, 1999 waren es bereits 155.000. Julian Barrio, Erzbischof von Santiago de Compostela, erwartet für 2010 weit über 200.000 Fußwallfahrer.

Alte Wege, neue Sehnsucht
Von allen Enden Europas brechen Menschen schon seit dem Mittelalter zu einer spirituell geprägten Fußreise ins spanische Galizien auf. Das Netz der alten Jakobswege erstreckt sich über eine Reihe christlicher Zentren. Von Budapest kommend führt etwa die Hauptroute des österreichischen Jakobswegs ab Hainburg über Oberösterreich und Salzburg nach Tirol. Der Jakobsdom in Innsbruck bildet seit den Ursprüngen des Pilgerwesens ein markantes Etappenziel auf dem Weg nach Santiago.

Die Popularität des Camino de Santiago macht sich auch hierzulande bemerkbar. Österreichs traditionsreiche und neu konzipierte Pilgerstrecken erleben eine Renaissance mitsamt ihren Bezügen zur religiösen Kultur. Sich beim Gehen auf den eigenen Lebensweg zu besinnen und buchstäblich himmlische Ruhe zu erleben, findet Gefallen. „Im Gegenzug zur körperlichen Anstrengung gewinnen die Fußreisenden Selbst-, Natur- und Gotteserfahrung“, sagt Toni Wintersteller. Er leitet die bundesweite Initiative „Pilgern in Österreich“, die seit 2008 die Interessen der christlichen Kirchenökumene sowie der touristischen Anbieter in Österreich verbindet.

Die Pilgerreise weist nämlich durchaus profane Aspekte auf. Da das Pilgern nicht an Jahreszeiten gebunden ist, heißt es, Sinn suchende Gäste speziell für die Nebensaisonen zu gewinnen. Das Klischee vom bettelarmen Pilger entspricht zumindest auf Österreichs Pilgerrouten nicht mehr den Tatsachen. Laut Berechnungen von SalzburgerLand Tourismus geben Pilger mit rund 50 Euro pro Tag nur geringfügig weniger aus als der durchschnittliche Sommergast. Im Normalfall ist die Pilgerschar über mehrere Tagesetappen unterwegs. Dadurch eröffnen sich neue Chancen für Beherbergungsbetriebe, die entlang der wieder entdeckten Wege angesiedelt sind.

Mehr als wandern„Der Pilger unterscheidet sich vom Wanderer durch die innere Einstellung, mit der er an den Weg herangeht“, weiß Wintersteller. Die pastorale Begleitung der Gäste ist ihm daher ein besonderes Anliegen. Ebenso wichtig sind jedoch die Infrastruktur entlang der Wege und der organisatorische Hintergrund. Auf www.pilgerwege.at, der Webplattform der Initiative „Pilgern in Österreich“, finden Gäste einen Überblick über Österreichs Pilgerwege, die sich auf rund 3.500 Kilometern erstrecken. Neben der Beschreibung der Routen gibt es Links zu einer Reihe von Pilgerseiten im Internet, die touristisch relevanten Informationen wie etwa Nächtigungsmöglichkeiten bieten (siehe Kasten „Pilgern im WWW“). Neben spirituell geprägten Orten wie etwa Mariazell in der Steiermark, Gurk in Kärnten und St. Wolfgang im SalzburgerLand widmen sich in den letzten Jahren auch die Tourismusorganisationen der Bundesländer der Aufbereitung von Angeboten entlang inspirierender Wege.
Alexandra Gruber

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Carlaa - 1. Mär, 00:08

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