Mittwoch, 6. August 2008

„Belügt sich die Freizeitindustrie?“ oder „Die schwarze Liste der Freizeitaktivitäten“

Zwar versuchen Werbung und Medien das Bild einer flotten und dynamischen Gesellschaft zu vermitteln, die verschiedenen Trend-Sportarten frönt, doch die Realität sieht anders aus: Fernsehen, Telefonieren, Radio hören und Zeitung lesen gehören seit Jahrzehnten zu den am häufigsten ausgeübten Freizeitaktivitäten der Deutschen, ergab eine aktuelle Untersuchung der Stiftung für Zukunftsfragen von British American Tobacco, die wohl auch in Österreich Gültigkeit hat.

Erstmals wurden in der Studie die Konsumenten jedoch auch befragt, welche Freizeitbeschäftigungen sie niemals ausüben. Dafür wurden 3.000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ gefragt, wie häufig sie welche Freizeitaktivitäten ausüben. Die neunstufige Skala reichte hierbei von „täglich“ bis zu „niemals“. Herausgekommen ist dabei eine „Schwarze Top 10 Liste“ der niemals ausgeübten Freizeitbeschäftigungen.

Die Mehrheit der Befragten gibt dabei an, eine Vielzahl von interessant und beliebt geglaubten Aktivitäten wie Golfspielen (92%), Wellness (54%) oder Camping (75%) niemals auszuüben. Der Besuch von Spielhallen (86%), Musikkonzerten (61%) oder Fitnessstudios (75%) findet für die meisten Konsumenten ebenso wenig statt wie Joggen (68%) oder Musizieren (78%).

Bemerkenswert ist, dass trotz Computerzeitalter Onlineshopping (59%) und Videospiele (74%) von Mehrheiten nicht akzeptiert werden. Auch Handarbeiten üben 62 Prozent nicht aus – die Strick- und Häkelrunden sterben aus.

Dass für 66 Prozent Stammtischbesuche kein Thema sind, dürfte wohl an der Zusammensetzung der Befragten liegen – Jugendliche und Frauen sind tendenziell eher kein Stammtisch-Publikum. Hätte man nur Männer befragt, wäre das Ergebnis wohl anders.

In der Top 10-Liste BAT-Umfrage taucht übrigens Skifahren nicht auf. Wohl deshalb, weil die Deutschen in ihrer Gesamtheit eben keine Skifahrernation sind. Interessant wäre hier eine vergleichbare Zahl aus Österreich.

Dokumentiert ist allerdings aus anderen Befragungen in der Alpenrepublik, dass die Zahl der Alpinskifahrer stagniert bis rückläufig ist. Und die Kosten für einen Ski-Urlaub in heimischen Regionen sind für immer mehr Konsumenten nicht im Haushaltsbudget unterzubringen.

Doch unabhängig davon sollte die Zahlen den Strategen der Freizeit-Industrie generell zu denken geben, denn die Ergebnisse überraschen nur auf den ersten Blick: „Die Überalterung der deutschen Gesellschaft und die ungelösten wirtschaftlichen Probleme schlagen sich zunehmend auch auf die Freizeitaktivitäten nieder“, analysiert Professor Dr. Horst W. Opaschowski, der Wissenschaftliche Leiter der BAT Stiftung. „Mit steigendem Alter nehmen außerhäusliche aktive Freizeitbeschäftigungen schrittweise ab und innerhäusliche passive Beschäftigungen zu. Zudem müssen immer mehr Menschen beim Freizeitbudget sparen und können sich viele Angebote nicht mehr leisten“, so der Wissenschaftler weiter.

Massive steigende Reisekosten – Stichworte Benzin- und Kerosinpreise – und parallel dazu deutlich steigende Lebenshaltungskosten - Stichworte Lebensmittel und Wohnen - führen zwangsläufig zu schmäleren Budgets für Freizeit-Aktivitäten.

Für die Zukunft der Freizeitaktivitäten prognostiziert die Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen ein zweigeteiltes Bild: Einerseits werden die älteren und die ärmeren Bevölkerungsschichten in Deutschland viele Freizeitbereiche in Deutschland prägen. Hiervon profitieren dann vor allem Medien und kostengünstige Freizeitbeschäftigungen. „Andererseits wollen die Menschen auf Dauer nicht passiv sein und ihr Leben allein zu Hause verbringen“ heißt es in der Conclusio: „Dies zu ermöglichen fordert zum Handeln auf: Sowohl die Politik, die die Rahmenbedingungen setzen muss, als auch die Freizeitindustrie, die kostengünstige und zielgruppengerechte Freizeitangebote schaffen muss“.

Manfred Hluma

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