Sonntag, 18. November 2007

Digitale Fussfesseln oder „Killt cc“ (2): Von menschlichen Firewalls

Der Pferdefuss der modernen Kommunikationstechnik ist, dass die Menschen immer mehr unter dem Zugzwang stehen, den ständige Erreichbarkeit mit sich bringt. Es bedeutet, auf Informationen immer schneller reagieren zu müssen.

Erwartete man bei einem Brief die Antwort erst in einigen Tagen, sind es beim e-mail nur noch ein paar Stunden und bei SMS erwarten viele Sender die prompte Reaktion des Empfängers.

US-Forscher haben 1000 Wissensarbeiter intensiv über ihre Arbeitsabläufe befragt: Die Untersuchung ergab, dass die Büromenschen im Schnitt 2,1 Stunden am Tag verbummelten, weil sie abgelenkt waren.
Eine andere, detailliertere Untersuchung zeigte: Elf Minuten konnten sich die Wissensarbeiter im Schnitt mit einer Aufgabe beschäftigen, bevor ihre Aufmerksamkeit durch einen Anruf, eine Mail, eine SMS oder einen anklopfenden Kollegen zwangsweise einem anderen Thema zugeführt wurde. Dann dauerte es durchschnittlich 25 Minuten, bevor sie sich wieder der alten Aufgabe widmen konnten. Die Gedanken erneut zu sammeln dauerte im Schnitt acht Minuten. Unter dem Strich heißt das: drei Minuten bis zur nächsten Unterbrechung. Das bringt eine ziemliche Ineffizienz.

Eine weitere wesentliche Erkenntnis: In dieser 25minütigen Ablenkungsphase kommen in 40 Prozent aller Fälle neue Aufgaben hinzu, die so wichtig erscheinen, dass die alte vollkommen in Vergessenheit gerät oder die Mitarbeiter sie zumindest auf unbestimmte Zeit verschieben. Unter diesen Voraussetzungen jonglierten die Testpersonen durchschnittlich mit zwölf verschiedenen Projekten gleichzeitig, die sie in ihrem zerstückelten Arbeitsalltag zu erledigen hatten.

Eine Führungskraft in einem Konzern bekommt heute zwischen 150 und 200 E-Mails am Tag - Spam nicht mitgerechnet. Um das seriös durchzuarbeiten, braucht sie mindestens zwei Stunden.

Eine der Ursachen findet sich in dem modischen Brauch, jeden Kollegen, Mitarbeiter oder Kunden auf jeden denkbaren E-Mail-Verteiler zu setzen. Als man Informationen noch kopieren und dann per Hauspost verteilen musste, wurde automatisch genau überlegt, wer denn die Information wirklich braucht. Heute ist es ein Klick des Absenders, und die ganze Firma wird zugeschüttet...

Denn der gerade der inflationäre „CC“-Gebrauch sorgt dafür, dass Informationen oft auch diejenigen nicht mehr erreichen, für die sie tatsächlich relevant sind. Denn die ertrinken gerade in den für sie unnötigen hunderten "Zur Info"-Mails.

Mehr Kommunikation bedeutet leider auch mehr Aufgaben aufgeladen zu bekommen, die noch dazu schnell erledigt werden sollen. Den Rationalisierungsmaßnahmen sind unter anderem die Einsparung von Sekretariaten mit sich gebracht. Dadurch sind bei wachsender Informationsflut sind die menschlichen Filter weggefallen, die früher für Führungskräfte Informationen vorsortiert haben.
Es ist also hoch an der Zeit, sich geschützt Räume und Zeiten zu schaffen.

Eine Maßnahme kann sein, die geschäftliche Kommunikation von der Bring- wieder zur Holschuld zu machen. Konkret sollen Informationen lieber systematisch und gut auffindbar im Intranet oder in internen Datenbanken abgelegt werden als in den elektronischen Rundlauf zu gehen.
Eine andere Maßnahme ist es, die Absender zu erziehen, nicht mehr alles auf „cc“ zu setzen. „Killt cc“ raten manche Unternehmensberater.

Wie man mit der elektronischen Kommunikation sinnvoll umgeht, dafür gibt es bisher keine wirklichen Spielregeln. Ein Versuch eines Unternehmen läuft daraus hinauf, die E-Mail-Kommunikation stark zu hierarchisieren. Mails sollen nur noch an den jeweils direkten Vorgesetzten geschickt werden können, aber nicht mehr weiter hinauf.

Andere Betriebsberater empfehlen, die e-mails nur noch zweimal am Tag zu bearbeiten. Und ein deutscher Uni-Professor hat sich eine andere Methode zulegt, um Fehler durch die geforderte Schnelligkeit zu minimieren: Er beantwortete alle Anfragen, die größere Budgetposten betreffen, erst einen Tag später, um wenigstens eine Nacht darüber schlafen zu können.

Manfred Hluma

Mittwoch, 14. November 2007

Von digitalen Fussfesseln oder „Killt cc“ (1)

Die Beschwerden hört man täglich: „Die e-mails sind ein Wahnsinn“, „Dauernd will einer was“ und letztlich „Wie soll ich mich da auf irgendetwas konzentrieren?“

Erst zigtausend Jahre nur gesprochene Sprache, dann einige hundert Jahre die geschriebene. Mit ihr konnte man – abgesehen von Trommeln oder Rauchzeichen – erstmals asynchron kommunizieren. Die beteiligten Partner mussten nicht mehr gleichzeitig am selben Ort sein.
Ein weiterer Abschnitt war dann der Telegraph, das Festnetztelefon wird nun seit mehr als 100 Jahren benutzt, das Fax seit ein paar Jahrzehnten.
Prinzipiell brachten diese neuen Formen der Kommunikation auf Distanz den Menschen deutlich mehr Informationen, der schnellere Informationsfluss steigerte auch die Effizienz.

Wem zuviel Informationen drohten, der baute Schutzfilter ein. Der wichtigste wurde Sekretariat genannt.

Dann kam die Digitalisierung und mit ihr explodierte die Kommunikation. E-Mail und Mobiltelefon erreichten in den Wohlstandsgesellschaften Ende der neunziger Jahre die breite Masse. Heute werden täglich mehr als 60 Milliarden Mails verschickt, in Österreich gibt es inzwischen mehr aktive Handys als Einwohner.

Neben E-Mail-Programmen nutzen vor allem Jugendliche Instant-Messenger-Clients, Miniprogramme, mit denen sie ständig Kurznachrichten austauschen können, wenn sie online sind. Mit Skype und ähnlichem wurde der Computer zum kostenlosen Bildtelefon, und seit Blackberry und UMTS-gerüsteten Smartphones und Pocket-PCs sind e-mails ebenfalls allgegenwärtig.

Als - zuerst begrüßte, inzwischen teilweise wieder bedauerte Folge davon - hat sich die Kommunikationsgeschwindigkeit ständig erhöht. Der Trend geht zum Zweitmonitor, auf dem ständig das E-Mail-Programm mitrennt. Und die Anklopf-Funktion bei Telefonaten sorgt dafür, dass kaum ein Gespräch ungestört bleibt.

Der moderne Mensch hat sich digitale Fußfesseln angelegt.

Er surft in der Hotellobby per WLAN im Internet, gleichzeitig telefoniert er privat und kontrolliert daneben den Firmen-Blackberry auf neue mails. Und in unzähligen Business-Meetings lauschen die Teilnehmer nicht nur den Partnern am Tisch, sondern sehen parallel dazu ins Internet und verschicken SMSs - moderner Alltag.

In den USA hat man dafür eine treffende Bezeichnung gefunden: „CMC“ - Constant Multitasking Craziness. Nur noch Kommunikationsgenies beherrschen diesen Wahnsinn.

„Der amerikanische Psychiater Edward Hallowell hat in diesem Zusammenhang ein zweites Akronym eingeführt. Er hat die Massenkrankheit ADT entdeckt, Attention Deficit Trait. Trait heißt auf Deutsch so viel wie Zerstreutheit und ist im Unterschied zu ADD (Attention Deficit Disorder) nicht erblich, sondern eine Folge der kommunikativen Überlastung. ADT zeigt Symptome wie leichte Aggression, innere Unruhe und Konzentrationsstörungen. Im Urlaub verschwindet sie in der Regel, kommt aber schnell zurück, wenn der Patient wieder am Büroschreibtisch sitzt und auf allen Kanälen gleichzeitig Informationen saugt und sendet.“, schrieb kürzlich zum diesem Thema das deutsche Wirtschaftsmagazin „brand eins“ mit ironischem Unterton.

Über Lösungsversuche dazu in Kürze.

Manfred Hluma

Donnerstag, 1. November 2007

Von Laszlos Glück oder „Was alles ein Glück sein kann…“

Endlich – wie lange haben wir darauf schon gewartet? Unzählige Philosophen, Künstler, Literaten und große Denker haben in Jahrhunderten vergeblich danach gesucht. Doch jetzt ist es gelungen, man kann Glück in Worte fassen. Das jedenfalls behauptet Herbert Laszlo, eigenen Angaben nach schon seit seiner Jugend mit der Frage nach dem Glück beschäftigt.
Wieweit ihm eine relativ weitgehende Schulung bei Scientology dabei geholfen hat, bleibt offen. Aber der durchaus erfolgreiche Unternehmer und vielfache österreichische Meister im Fechten schafft es offenbar ganz leicht, nicht nur die Klinge auf den gewünschten Punkt zu bringen und nennt es mit der ihm eigenen Direktheit einfach „Die Sensation in der Glücksforschung“. Nachsatz: „Glück ist definiert“.
„Ab sofort wird kein ernstzunehmender Glücksforscher mehr behaupten können, Glück könne man nicht definieren“, erklärte der Glücksforscher als Sprecher des „IFEG – Institutes für experimentelle Glücksforschung“ freudestrahlend: „Glücklichsein ist ein Gemütszustand, gekennzeichnet durch den spontanen Wunsch nach Fortdauer oder Wiederkehr.“ So lautet die beim IFEG-Symposions 2007 zum Thema „Arbeit und Glück“ im Oktober im niederösterreichischen Spillern gefundene Definition .
Warum diese einfache Definition nicht schon früher gefunden wurde, führt Laszlo auf mehrere Verwechslungen wie beispielsweise von Glück in der Lotterie, englisch „luck“, mit Glücklichsein, englisch „happiness“, zurück.
Auch auf die Verwechslung von Glück, das für alle Menschen gleich ist, mit dessen Ursachen und Begleitumständen, die von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein können und die Verwechslung von Glücksgefühlen mit dem Glückszustand, der auch mit Gefühlen wie Angst oder Trauer erlebt werden kann, die an sich als unangenehm gelten. Laszlo nennt dies das „Geisterbahn-Paradoxon“.
Außerdem gebe es die Verwechslung von einmaligen, schnell endenden Hochgefühlen mit dem „kleinen Glück“ des täglichen Lebens, das letztlich entscheidend für das Lebensglück der Menschen ist.
Wie heißt es doch in der Tante Joelsch: „Was alles ein Glück sein kann…“
Doch wenn Laszlo die Klinge führt, holt er weit aus: „Auf der Basis der Definition von Spillern ist es erstmals möglich, die Meinungen und Ergebnisse von Disziplinen wie Soziologie, Psychologie, Anthropologie, Medizin und Philosophie zum Thema „Glück“ vergleichbar zu machen. Damit kommen wir dem Ziel, die Menschheit – ohne Krieg und ohne Raubbau an der Natur – glücklich zu machen, einen wesentlichen Schritt näher“, glaubt er und ist glücklich. Was zweifellos ein Wert an sich ist. Und eines muss man Herbert Laszlo lassen: in den 30 Jahren, die ich ihn nun kennen habe ich ihn noch unglücklich gesehen…



Manfred Hluma

Sonntag, 21. Oktober 2007

„Müller, machen ´se mal“ oder „Von der Strahlkraft der Autostadt“

Es war so gegen Ende des vorigen Jahrhunderts in Wolfsburg. „Also Müller, dann machen ´se mal. Wir brauchen für unsere Kunden ´nen netten Empfangsraum, wo die sich die Autos abholen können. Soll denen Spass machen. Mit ´n bischen Atmosphäre und Unterhaltung und so was rund ums Auto. Halt was Ordentliches zum Herzeigen, vielleicht auch ´ne kleine Ausstellung.“
Und Müller machte.

Herausgekommen ist dabei die Wolfsburger „Autostadt“, die ein Vorzeigebeispiel dafür ist, wie man – zweifellos mit viel Geld – einen permanenten Marketingauftritt der Sonderklasse schaffen kann. Vor wenigen Tage, rund sieben Jahre nach der Eröffnung, wurde in der „Autostadt“ der 15millionsten Besucher begrüßt – die Tageskarte kostet 15 Euro - und ebenfalls heuer wurde der 1milllionste Neuwagen ausgeliefert.
Das Marketinginstrument „Autostadt“ fährt auf der Überholspur: „Eine Million ausgelieferte Fahrzeuge seit der Eröffnung und fast 170.000 abgeholte Volkswagen im vergangenen Jahr zeigen die wichtige Funktion der Autostadt als Maßnahme zur Kundenbindung und Teil der Volkswagen Vertriebsleistung in einem starken Wettbewerbsumfeld“, kommentiert man in der Wolfsburger Zentrale.
Die Attraktivität der Abholung des neuen Wagens direkt am Stammsitz des Unternehmens in Wolfsburg ist auch im Jahr 2007 mit voraussichtlich 150.000 ausgelieferten Fahrzeugen ungebrochen. Durchschnittlich jeder dritte VW-Kunde besucht die Autostadt, um seinen neuen Volkswagen in Empfang zu nehmen.

Zur Unterstützung der Volkswagen Aktivitäten veranstaltete die Autostadt heuer erstmals eine große Probefahrtaktion, an der 25.000 Teilnehmer innerhalb einer Woche insgesamt 10.000 Tests in einem Volkswagen ihrer Wahl vornahmen. Vom Polo BlueMotion bis zum Phaeton stand dabei die gesamte Palette der Volkswagen PKW Modellreihe zur Verfügung. Die Aktion verstärkte die Wirkung der Autostadt als zusätzliches Marketing-Instrument für die Marke Volkswagen: Marktforschungsergebnisse zeigen seit langem, dass am Autokauf Interessierte nach einem Besuch der Autostadt die Marke Volkswagen erheblich mehr in ihre Überlegungen einbeziehen als vorher.

Einige weitere Facts:
• Eröffnung am 1. Juni 2000
• Jährlich zwei Millionen Besucher, geplant war eine Million
• 15 Millionen Besucher seit der Eröffnung
• 5000 Besucher pro Tag
• Seit der Eröffnung 1 Million Fahrzeugübergaben
• 500 Fahrzeugübergaben täglich
• Mehr als 600 Attraktionen auf dem Gelände inklusive Beiträge aus den Bereichen Kunst, Film und Umwelt
• 12 Restaurants
• Sieben Marken-Pavillons (Audi, Bentley, Lamborghini, Seat, Skoda, Volkswagen and Volkswagen Nutzfahrzeuge)
• Automobil Museum (das ZeitHaus mit zirka 110 Klassikern, darunter auch der erste Volkswagen, der 10millionste Volkswagen und der letzte Käfer)
• The Ritz-Carlton, Wolfsburg (5 Sterne mitten in der Autostadt)
• Zwei AutoTürme: Die Besucher werden dort mit einer gläsernen AutoTransportplattform zum 20. Stockwerk in 48 Meter Höhe gebracht

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„Mit diesen beeindruckenden Zahlen geht die Autostadt in das achte Jahr ihrer Erfolgsgeschichte“, freute sich der Geschäftsführer der Autostadt, Otto Ferdinand Wachs und weist gleichzeitig darauf hin, dass der dauerhafte Erfolg vor allem den Bemühungen um ständige Erneuerung des vielfältigen Angebots in der Autostadt zu verdanken sei: „Die Strahlkraft der Autostadt muss immer wieder durch neue Inszenierungen und Angebote entfacht werden“.
Schon in den ersten Jahren nach der Eröffnung wurde deutlich, dass nur durch weitere Konzepte zur Vielfalt und Erweiterung des Autostadt Angebots die Zahlen auf so hohem Niveau verbleiben würden. Daher setzte man auf Themenkommunikation, Evententwicklung und die Movimentos Festwochen. Mit dem Festival-Auftakt in der Wolfsburger Innenstadt und 33.000 Besuchern gehören die Festwochen nun zu den bedeutendsten Festivals für zeitgenössischen Tanz in Europa.

Heuer erlebten mehr als 80.000 Gäste in diesem Sommer erstmals „Magic Waters“, Choreographien aus Wasserspielen, Licht und Feuer des französischen Künstlers Fabrice Heitz. Allein 12.500 Besucher ließen sich diese Premiere nicht entgehen und genossen bis zu vierzig Meter hohe Wasserfontänen und bunte Lichtprojektionen. Ihre Begeisterung wirkte ansteckend: In den folgenden Wochen verfolgten bis zu 6.000 Zuschauer eine Show. Gemeinsam mit den Besuchern des Jazz & Blues Festivals und der Langen Nacht der Autostadt wurden durch die Sonderveranstaltungen im Rahmen des Programms Sommerleuchten über 120.000 zusätzliche Besucher gezählt.

Und schon bald lockt der Winter-Event , der mit einer spektakulären Eröffnungsfeier am 1. Dezember beginnt und sich in diesem Jahr dem Thema "Deutschland" widmet. In den vergangenen Jahren waren bereits die internationalen Inszenierungen mit Österreich, Schweiz und Russland äußerst erfolgreiche Themen. Dieser Winter verspricht, die letzten Jahre noch zu übertreffen: 1.700qm Eislauffläche, eine Eistanzrevue der Sonderklasse, ein zusätzliches Themenrestaurant, die größten Adventkerzen der Welt (die beleuchteten Schornsteine des VW KraftWerks), Konzerte, Lesungen, ein stimmungsvoller Weihnachtsmarkt mit einem Weihnachtsbaum, der letztes Jahr sogar den Baum vom New Yorker Times Square um einige Meter Höhe übertroffen hat.

Müller, haben ´se gut gemacht.

Manfred Hluma

Freitag, 12. Oktober 2007

Von bedrohten Wörtern (3): Marantana oder „Sedlaczek, der Ober-Pate“

Nicht nur in der deutschen Sprache insgesamt sind Wörter vom Aussterben bedroht, auch im österreichischen Deutsch gibt es zu viele Ausdrücke, die zu verschwinden drohen. „Gugerschecken“ für Sommersprossen, „Trutscherl“ für „Zicke“, „Hendlhaxl“ statt Hühnerkeule oder „Eierspeis“ statt Rührei sind nur einige Beispiele dafür.

Initiativen dagegen gab es immer wieder. Eine aktuelle stammt von Robert Sedlaczek , der dazu aufruft, Patenschaften für bedrohte rotweißrote Wörter und Ausdrücke zu übernehmen. Sedlacek ist nicht nur Co-Autor des einschlägigen Standardwerkes „Das große Tarockbuch“ - und abgesehen davon ein in Spielerkreisen geschätzter sowie ob seines hohen Spielniveaus gefürchteter Tarockierer -, sondern auch Verfasser des „Kleinen Handbuchs der bedrohten Wörter Österreichs“.

Gemeinsam mit der Volkshochschule Wien-Hietzing lädt Sedlaczek jetzt dazu ein, kostenlos Patin oder Pate für eines oder mehrere bedrohte Wörter zu werden (www.unsere-sprache.at): „Es ist eine kulturelle Verarmung, wenn man Kartoffel statt Erdapfel sagt, das hat einfach ein anderes Flair“. Und der Andrang ist so groß, dass Sedlacek mit dem Sortieren und Bewerten kaum nachkommt.

Patenschaften für bedrohte Wörter gibt es bei verschiedenen Stellen, beispielsweise bei http://www.wortpatenschaft.de/. Für zehn Euro wird man dort Pate eines Wortes, das man dann entsprechend pflegen – sprich und schreibe verwenden - soll. Jedes Wort wird übrigens nur einmal vergeben.

Der Berliner Autor Bodo Mrozek hat sich ebenfalls dem sprachlichen Artenschutz verschrieben (http://www.bedrohte-woerter.de/) und auch einen gut besuchten Wettbewerb dazu initiiert.

Der Deutsche Kay-Uwe Rohn wiederum hatte die Idee, Wörter, die aus unserem aktiven Wortschatz herausgefallen sind, zu sammeln, im Internet auszustellen und zu erklären (www.wortmuseum.com). Auch Rohn hat schon viele Sprachbegeisterten zum Mitmachen und Sammeln animiert.

Und weil ich jetzt nicht nur animiert sondern auch motiviert bin, entscheide ich mich für die Patenschaft des Wortes „marantana“, dass kaum noch zu hören ist, mir jedoch von meinen Wiener Tanten noch im Ohr klingt: „„Ja marantana, wie is denn des passiert?“ . Obwohl es in seiner Ableitung aus den drei aramäischen Worten „Mar“ (,„Herr“), „ana“ („uns“) und „tha“ („kommen“) eigentlich „unser ‘Herr’, komm!“ oder „unser Herr ist gekommen“ bedeutet, stand es immer für einen Ausruf des Erschreckens und des Überraschtseins.

Wenn auch Ihnen bedrohte und ins Vergessen geratende oder schon geratene Ausdrücke am Herzen liegen, helfen Sie ihnen zu überleben. Das Beste dazu ist, sie aktiv zu verwenden und darüber hinaus dem Ober-Paten Sedlaczek zu schicken.

Manfred Hluma

PS: Hier noch einige Fakten zur deutschen Sprache allgemein:
• Deutsch gehört zu den drei meistgelernten Sprachen weltweit.
• Fast ein Fünftel aller Bücher, die jährlich weltweit herausgegeben werden, erscheinen auf Deutsch. Das sind 60.000 Neuerscheinungen.
• Deutsch ist weltweit die zweithäufigst benutzte Sprache im Internet.
• Deutsch gehört zu den zehn meistgesprochenen Sprachen weltweit.
• Deutsch ist die meistgesprochene Muttersprache in der EU.
• Deutsch ist Amtssprache in Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Belgien und Italien, genießt offiziellen Status in Frankreich und wird in etlichen Sprachinseln Mittel- und Osteuropas gesprochen.
• Außerhalb des deutschen Sprachraums werden über 3.000 deutschsprachige Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernsehprogramme produziert. Mehr als 100 Millionen Menschen außerhalb des deutschen Sprachraums sprechen die deutsche Sprache.

Mittwoch, 10. Oktober 2007

Pseudo-Transparenz oder „Der Irrsinn der Quartalsberichte“

Wenn man die Börsenkurse mancher Unternehmen verfolgt, die oft an die EKG-Linien von Herzkranken erinnern, kommt man mit Logik nicht mehr weiter. „Börsenkurse und damit der Unternehmenswert sind bis zur Willkür des Roulettes entkoppelt“, meint Leopold Springinsfeld, Marketingspezialist und langjähriger WU-Lektor, kürzlich bei einem Vortrag vor dem Marketingclub Österreich: „Und für die oft nicht nachvollziehbaren Kurssprünge hat man einen schwer aussprechbaren Begriff namens Volatilität der Kurse erfunden“. „Das Paradigma des Shareholder Value macht mehrfach krank“, kritisiert er.

Als besonders „problematisch“ bezeichnete Springinsfeld dabei die Quartalsberichterstattung, an der sich die Börsenkurse dann orientieren. Damit steht er nicht alleine, in vielen Aktiengesellschaften zweifelt man zunehmend am Sinn dieser Momentaufnahmen. Zwar liefern die Unternehmen alle drei Monate brav ihre Zahlen ab, aber nicht nur im Hintergrund nimmt das Murren zu.
Während in Österreich darüber noch kaum geredet wird, greift eine Diskussion darüber von den USA ausgehend nach Europa und speziell Deutschland über. Weil die Regeln des Kapitalmarktes in den USA gemacht werden, und dort immer mehr Manager von großen Konzernen wenig Sinn in der Quartalberichterstattung sehen, könnte es zu Änderungen kommen. Die Begründung: Es sei schwer geworden, in US-Unternehmen langfristige Ziele durchzusetzen.
Offenbar nicht nur dort. Der deutsche Mietwagen-Unternehmer Erich Sixt sprach in jüngster Zeit einmal vom „Irrsinn der Quartalsberichte“ und von „Pseudo-Transparenz“ .

Man darf über die Wirksamkeit von Quartalsberichten kritisch nachdenken, meinen Experten: Langfristige Investoren würden wegen der Quartalszahlen nicht sofort in Panik oder Kaufrausch verfallen und das Kleinaktionäre adäquat reagieren, wird ebenfalls bezweifelt.

Diese und andere Überlegungen haben beispielsweise den renommierten Automobilhersteller Porsche veranlasst, prinzipiell keine Quartalszahlen zu veröffentlichen (weshalb die Firma auch nicht im deutschen Dax gelistet ist). Bei Porsche hält man Quartalsberichte für den Ausdruck verfehlten Shareholder-Value-Denkens.

In den meisten Unternehmen wird langfristig geplant und Quartalsberichte sind dabei eigentlich störend. Was soll sich denn im Regelfall so Besonders ändern? Großabschlüsse oder deren Verlust an die Konkurrenz bleiben sowieso nicht geheim, sondern stehen in der Wirtschaftspresse.

In der Praxis geben die Analysten geben Erwartungen vor und die Manager bemühen sich diese zu erfüllen, um möglichst keinen Kursverluste zu erleiden. Prinzipiell neigen Manager dazu, Quartalsberichte zu schönen, um quasi bei den Analysten gute Noten zu erhalten beziehungsweise deren Erwartungen zu befriedigen. „Quartalsberichte gibt es allein deshalb, weil sich der Kapitalmarkt an ihnen orientiert und das beißt sich die Katze in den Schwanz“, urteilt ein Insider.

Wobei allerdings dazu kommt, dass bei manchen Managerbezügen Aktien des Unternehmens ein Bestandteil sind, was das Schielen auf die Kursentwicklung logischerweise fördert. Springinsfeld meint jedenfalls, das dies nicht unbedingt förderlich für das Unternehmen sein muss: „Ich würde Stockholder-Optionen für Manager streichen“.

Manfred Hluma

Freitag, 5. Oktober 2007

Von Ferngläsern im Hirn oder „Auch Roboter machen sich Illusionen“

Ist das nicht tröstlich? Modernste High Tech-Roboter lassen sich von optischen Täuschungen ebenso in die Irre führen wie die Menschen. Zeigt man ihnen trickreich gestaltete Vorlagen, fallen sie auf diese Illusionen ebenso rein wie die menschliche Wahrnehmung.

Jeder kennt die kunstvollen Zeichungen von Escher, auf denen beispielsweise Stiegen unendlich ineinander übergehen, oder Sprungbilder, bei denen man je nach Betrachtung zwei verschiedene Motive erkennen kann. Oder Bilder, bei den sich Teile anscheinend bewegen, obwohl die Logik sagt, das dies eigentlich nicht möglich sein kann – und tatsächlich auch nicht möglich ist.

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Um die Frage zu beantworten, warum Illusionen das menschliche Gehirn austricksen, setzten britische Wissenschaftler ein Netzwerk von virtuellen Robotern mit elementaren neuronalen Fähigkeiten ein. Sie wurden im Labor darauf trainiert, die Oberflächen verschiedener 3D-Modelle bei unterschiedlichen Beleuchtungsszenarien richtig zu analysieren. Das "erlernte" Wissen schützte die Roboter aber nicht vor Fehlinterpretationen bei Illusionen, die etwa durch besondere Lichtverhältnisse erzeugt werden. Die Roboternetzwerke waren optischen Täuschungen gegenüber ebenso machtlos wie Menschen.

"Aufgrund dessen, wie wir uns als visuelle Wesen in einer sehr komplexen Welt zurechtfinden, sind Illusionen einfach unvermeidbar", so die Schlussfolgerung des Projektleiters Beau Lotto vom University College London (UCL) http://www.ucl.ac.uk.

"Das Licht, das auf das Auge trifft, und die damit verbundene Information hat keine klare Bedeutung beziehungsweise ist in jedem Fall mehrdeutig. Einen Sinn daraus konstruiert sich unser Gehirn erst durch die bisher gemachten Erfahrungen unserer Spezies", so die Theorie Lottos. Dem Wissenschaftler zufolge interpretiert das menschliche Gehirn visuelle Informationen analog dazu, wie es angesichts vergangener Interaktionen mit der Welt Sinn machen müsste.

Da auch die Roboternetzwerke mit denselben Problemen bei der Interpretation von visuellen Informationen zu kämpfen hatten wie die Menschen, geht Lotto und sein Team davon aus, dass alle visuellen Wesen mit dem Phänomen von Illusionen konfrontiert sind.(Interessante Beispiele von visuellen Täuschungen findet man übrigens auf http://www.lottolab.org/Illusions%20page.html).

Bleibt zu hoffen, dass sich die Erkenntnisse der Forscher rasch herumsprechen. Denn das Pentagon arbeitet mit Hochdruck an einer neuen Generation von Hightech-Ferngläsern, die über Elektroden mit den Gehirnen der Soldaten kurzgeschlossen werden sollen. Und wenn die dort verwendete Elektronik sich ebenfalls täuschen läßt, braucht man sich über die Effizienz wirklich keine Illusionen zu machen.

Bereits bereits in drei Jahren sollen jedenfalls erste Prototypen zum Einsatz kommen. Mit der Weiterentwicklung will man die Sehleistung der Ferngläser auf zehn Kilometer verbessern. Durch die neurale Anbindung soll der Träger zudem schneller auf Gefahren aufmerksam gemacht werden. Die Idee dahinter ist, dass das Gehirn potenzielle Gefahren auf neuraler Ebene schneller wahrnimmt als es dem Individuum bewusst ist. Um die Ferngläser mit dem Gehirn der Soldaten zu verknüpfen, setzen die Entwickler auf EEG-Elektroden (Elektroenzephalographie).
Wird das Fernglas nun über EEG kurzgeschlossen, kann dieser Prozess beschleunigt werden. Damit könnten Soldaten noch schneller vor etwaigen Gefahren gewarnt oder auf Ziele aufmerksam gemacht werden.

Manfred Hluma

Donnerstag, 27. September 2007

Frittierte Klapperschlangen oder „On the road to kill..“

Wem bei uns in Österreich ein Tier ins Auto rennt, der hat gleich zweimal Pech: im besten Fall „nur“ einen Blechschaden und das Tier darf er auch nicht behalten, um wenigstens kulinarisch zu Rache nehmen. Rehragout oder Wildschweinbraten wären ja nicht Schlechtes….
Andere Länder, andere Sitten: im nordamerikanischen US-Bundesstaat West Virginia darf alles Vieh, dass Opfer der Landstrasse wird, in den Kochtopf. Ein Gesetz erlaubt es den Autolenkern, überfahrene Tiere mitzunehmen, wenn der Vorfall binnen 12 Stunden gemeldet wird. Das ist an sich nicht weiter überraschend, schließlich bestand die Urbevölkerung aus Indianern und die haben bekanntlich auch fast alles erlegt und verzehrt, was ihnen über den Weg lief.
Mit einem seltenen Verständnis für Humor haben einige Virginians daraus ein spezielles Fest geschaffen: das sogenannte „Road-Kill-Festival“, dass sich von herkömmlichen Food-Festivals merkbar unterscheidet.
Es steht ganz im Zeichen jener Kreaturen, die Opfer des Straßenverkehrs geworden sind - oder es rein theoretisch sein könnten. Es gab bereits Klapperschlangen, Schildkröten, Murmeltier und Opossum. Welches Tier es auch sein mag, das beim Festival auf den Grill oder in die Pfanne kommt, die Regeln besagen, dass es allerdings nicht unbedingt Opfer eines Zusammenstoßes mit einem Straßenfahrzeug sein muss. Lassowerfen, Fallenstellen und Schießen gilt sicher auch…

Harvest

Wer sich um die drei Geldpreise bewirbt, muss nicht nur mit einem toten Tier des Weges kommen, sondern auch mit einem fertigen Rezept, indem die zugehörigen Gewürze und die Kochanleitung angelistet sein müssen. Eine Jury begutachtet das mitgebrachte Tier, das bereits gehäutet und gesäubert sein muss, und kontrolliert genau, ob nichts vorgekocht wurde. Der Kochvorgang hat nämlich auf dem Festivalgelände stattfinden. Eine ausgewählte Jury beurteilt die Speisen und ermittelt dann die drei Gewinner. In der Vergangenheit haben etwa Hasen-Bratwürste, in Wein marinierte oder frittierte Klapperschlangen oder Gerichte aus Bären, Elchen, Fröschen und Wildschweinen zwar keinen Preis gewonnen, aber zumindest für Aufmerksamkeit gesorgt.

Dass besagtes „Road-Kill-Festival“ nun schon zum vierzehntenmal stattfindet und Besucher inzwischen auch aus anderen Erdteilen anreisen, könnte auch heimische Touristiker zum Nachdenken anregen: Feuersalamander-Suppe, Raben-Ragout, Gams-Geschnetzeltes, Sandvipern-Spießchen oder Heuschrecken-Cracker mögen als Anregung dienen.
Eines der Gerichte, das in Virginia übrigens einen Preis gewonnen hat, hieß "Buffalo Balls" und bestand aus würzigen Bison-Fleischbällchen. Da könnten rotweißrote Köche wohl mit gebackenen Stierhoden locker mithalten…
Manfred Hluma

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hlumamanfred - 25. Mär, 10:15
Sehr interessant
Informativer Artikel. Ich wusste noch nichts von den...
Carlaa - 1. Mär, 00:08

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