Dienstag, 11. März 2008

"Exhumiert Falco" oder "Wie man von Toten profitiert"

Speziell den Wienern wird ja eine gewisse Verbundenheit zum Tod nachgesagt. Eine "Schöne Leich" gilt als Attribut für ein - wie auch immer - gelungenes Begräbnis und wer einigermaßen prominent ist, wird zur letzten Ruhestätte in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof gebettet. Und auch die Kapuzinergruft zieht Touristen an.
Doch unsere südlichen Nachbarn zeigen vor, wie man einen Kult um einen prominenten Toten perfekt kommerzialisieren kann. Ehrwürdige Verstorbene des Kaiserhaus schön und gut, aber der - gesteuerte - Auftrieb um den italienischen Heiligen Padre Pio erreicht fast schon unchristliche Ausmaße.
Der Franziskanermönch Padre Pio, der von 1887 bis 1968 gelebt hat, und neben dem heiligen Franziskus der am meisten verehrte Heilige in Italien ist, zieht die Massen mehr als zu Lebzeiten an. Seit 1918 zeigten sich bei ihm angeblich die Wundmale Christi, später war er auch als Krankenheiler und Prophet tätig. 1999 wurde er von Johannes Paul II. selig, 2002 dann heilig gesprochen. Er gilt als einer der populärsten Heiligen Süditaliens.
Das kleine Dorf im Hinterland Apuliens auf der Halbinsel Gargano, in dem der Mönch gelebt und angeblich Wunder gewirkt hatte, ist längst einer der größten Wallfahrtsorte Europas. In der 27.000-Einwohner-Gemeinde gibt es 194 Hotels, 132 Bars, 110 Restaurants und Dutzende Großraumparkplätze. An jedem Wochenende kommen bis zu 500 Autobusse nach San Giovanni.
Nun wurde anlässlich des bevorstehenden 40. Jahrestages seines Todes der Leichnam Anfang März exhumiert – nicht zuletzt weil die Wunder Pios umstritten sind. Die Exhumierung der sterblichen Überreste des Franziskaner-Mönchs wurde in Anwesenheit einer Kommission aus mehreren Ärzten, einem vatikanischen Experten und einer Nichte des Heiligen durchgeführt.
Ab 24. April soll die Leiche dann öffentlich ausgestellt werden. Bis dahin wird der Leichnam in einer Krypta der Kirche Santa Maria delle Grazie aufbewahrt. "Einige Teile des Leichnams wie die Füße sind intakt", sagte Erzbischof Domenico Umberto d'Ambrosio. "Wir hoffen, dass auch der Papst zum Leichnam von Padre Pio pilgern wird", sagte der Erzbischof - es geht ja nichts über Marketing.
Am 23. September, dem Jahrestag seines Todes, soll dann das Grab des 2002 heiliggesprochenen Padre Pio in eine neue Kirche überführt werden, die vom Stararchitekten Renzo Piano in der süditalienischen Ortschaft San Giovanni Rotondo - 40 km nordöstlich von Foggia - erbaut wurde. Ein noch größerer Besucheransturm ist programmiert.
Bleibt zu überlegen, ob man in Österreich ähnliches tun kann. Doch auch bei längerem Nachdenken kommt man fast nur auf ein Möglichkeit: Exhumiert Falco! Viel mehr – attraktive - Heilige haben wir nicht.
Manfred Hluma

Mittwoch, 20. Februar 2008

"Österreichs Behinderungs Bahn" oder „Wie man Kunden vergrault“

„Nerven sparen – Bahn fahren.“ Erinnern Sie sich noch an diese Werbung der ÖBB? Heute würde man diesen Spruch nur noch mehr oder weniger milde lächeln, weil Bahnfahren inzwischen Nerven kostet. Denn bei den ÖBB scheint es eine Truppe zu geben, deren Auftrag darin besteht, die Kunden zu vergraulen. Fast könnten man meinen, die Devise heißt „Von der Schiene auf die Strasse“ und nicht umgekehrt.

Nun ist es ja noch verständlich, dass die ÖBB nicht unnötig leere Waggons herumschicken will, sondern eher wenige, die dafür besser ausgelastet - sprich ordentlich besetzt – sein sollen. Zwangsweise haben sich die Bahnkunden deshalb daran gewöhnt, dass Gemütlichkeit beim Bahnfahren im vorigen Jahrhundert geendet hat. Heute sitzt man in den Zügen gedrängt wie in den Billig-Airlines, allerdings im Vergleich dazu um ein Vielfaches teurer.

Dabei ist es ja fast schon ein Glück, wenn man einen Sitzplatz oder notfalls auch nur einen Stehplatz hat. Erst kürzlich wurde der überfüllten Eurocity EC 42 "Franz Liszt" beim Grenzübergang Hegyeshalom/Nickelsdorf zwangsgeräumt, 300 Fahrgäste mussten aussteigen!

Dass dann bei manchen hypermodernen Zügen die Schaffner die Reisewilligen fast schon mit Gewalt vom Betreten abhalten müssen, weil wieder einmal kein Verantwortlicher den Platzedarf richtig kalkuliert hat, ist leider auch Realität. Yield-Management scheint sich bis zu den ÖBB noch nicht herumgesprochen zu haben.

Dass Pendler frieren müssen, weil die Heizung in den oft sowieso schon „abgewohnten“ Waggons nicht funktioniert, ist leider ebenfalls eine immer wieder kehrende Tatsache. Aber auch sonst ruft der Umgang des steuerverschlingenden Staatsmolochs mit den kaufwilligen Kunden Kopfschütteln bis Verzweiflung hervor.

Zwei weitere Beispiele dafür, wie weit sich das ÖBB-Marketing von den Kunden entfernt:

• Bahnkarten für kürzere Entfernungen haben seit Mitte Februar ein reduziertes Ablaufdatum – wird die gekaufte Karte nicht binnen einer Woche benutzt, verliert sie die Gültigkeit. Den Sinn dieser Maßnahme mag verstehen wer will, kundenfreundlich ist sie nicht.

• Noch ein ÖBB-Schwachsinn gefällig? Sie kaufen via Internet eine Bahnkarte für einen Mitarbeiter oder Ihren Lebenspartner und bezahlen mit Ihrer Kreditkarte.
Eigentlich eine feine Sache. Man muss sich nicht anstellen oder einen der bedienungsaufwändigen Automaten in den Kassenhallen benutzen (vom früheren Luxus, die Fahrkarte beim Schaffner – ohne Aufpreis – kaufen zu können, einmal abgesehen).
Doch der Haken daran: Fahren darf mit der bezahlten und erworbenen Karte – Normaltarif, keine Ermäßigung! - nur derjenige, dessen Namen auf der Kreditkarte steht. Ätsch, ausgetrickst!
Wer das nach dem Kauf entdeckt und bei der ÖBB anruft, erhält nur die Auskunft, dass dies nun mal so sei und man das Problem kenne. Lösungsvorschläge kommen keine, man solle halt eine andere Fahrkarte an der Kassa kaufen und versuchen, die Internetbuchung rückerstattet zu bekommen.

Man ist wirklich versucht, die Abkürzung ÖBB neu zu deuten: ÖBB = Österreichs Behinderungs Bahn!

Manfred Hluma

Dienstag, 5. Februar 2008

Von der "Tagwolke" oder "Sprechen Sie Web 2.0?"

Ist eine „Tagwolke“ das Gegenteil von „Nachtklarheit“? Trifft man beim „Social Bookmarking“ Gleichgesinnte in der Gemeinde-Bücherstube beim Nachmittagskaffee zum Tratsch über neue Werke? Ist „Widget“ eine neue Schweineart?
An die zwei Drittel der Internetbenutzer verstehen bei vielen Fachbegriffe nur Bahnhof. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von „eResult“ (http://www.eresult.de). Danach können 30 Prozent der befragten User nicht einmal mit dem Begriff "Web 2.0" etwas anfangen. Spezialausdrücke sind sogar für 60 Prozent ein Rätsel. Auch Begriffe für etablierte Elemente und Funktionen aus dem E-Commerce-Bereich sind für viele missverständlich. So konnten 45 Prozent der Befragten die oft bei Online-Shops angebotene Funktion "Direktbestellung" nicht richtig deuten. Rund die Hälfte brachte zudem die Begriffe "Filtern" und "Sortieren" durcheinander.
Ausgangspunkt der Studie war die Frage, was sich Nutzer unter dem Web 2.0 vorstellen können. Man stellte - nicht sonderlich überraschend – fest, dass
Durchverbraucher sich relativ schwer tun, mit den immer neuen Begriffen etwas anzufangen. Problematisch sei es für viele zudem, dass die große Mehrheit der Web-Begriffe ursprünglich aus dem angloamerikanischen Sprachraum stammt.

Dies gilt der Studie nach neben dem Web-2.0- genauso für den E-Commerce-Bereich. Speziell in den Online-Shops hätten Benutzer oft gravierende Probleme zu verstehe, was genau gemeint ist.

Die Bezeichnung für Funktionen und Elemente haben jedoch entscheidenden Einfluss auf den Erfolg eines Angebots. Sind Begriffe unklar, müßten sie eindeutiger gestaltet werden. Eine zusätzliche Beschreibung von Begriffen und Funktionen kann in vielen Fällen hilfreich sein.

Und bei manchen Begriffen kratzen sich auch fortgeschrittene User am Kopf: Oder wissen Sie, was eine "Tagwolke" ist?

Hier also einige Begriffe zur Erklärung:

Tagwolke:
Eine „Tagwolke“, „tag cloud“ oder „Schlagwortwolke“ ist die Methode zur optischen Informationsumsetzung, bei der eine Liste aus Schlagworten zweidimensional alphabetisch sortiert angezeigt wird. Dabei sind einzelne unterschiedlich gewichtete Worte größer oder auf andere Weise hervorgehoben dargestellt. Wortwolken werden zunehmend beim gemeinschaftlichen Indexieren und in Weblogs eingesetzt. Bekannte Anwendungen sind die Darstellung populärer Stichwörter bei Flickr, Technorati und Del.icio.us.

TagCloudBasedOnFlickr


Widget:
Ein Widget ist eine Software, die auf der grafischen Benutzeroberfläche des Betriebssystems dargestellt wird. Üblicherweise handelt es sich um ein kleines eigenständiges Programm mit Fenster, welches eine (kleine) Funktion oder Anzeige übernehmen kann.


DesktopX_Objects

Trackback:
Als Trackback wird eine Funktion bezeichnet, mit der Weblogs Informationen über Reaktionen bzw. Kommentare durch einen automatischen Benachrichtigungsdienst untereinander austauschen können.
Die Trackback-Funktion ermöglicht es den Bloggern festzustellen, ob auf ihren eigenen Eintrag in einem anderen Weblog Bezug genommen wird. Dazu werden zwischen den beteiligten Weblogs nach einem festen Protokoll Daten ausgetauscht, die die Beziehung zwischen den betreffenden Einträgen herstellen.
Es hat sich eingebürgert, dass Trackbacks nur versendet werden, wenn im bezugnehmenden Artikel auch ein Link auf den Ursprungsartikel enthalten ist. Eine Minderheit von Bloggern tauscht auch dann gegenseitig Trackbacks aus, wenn bloß ein inhaltlicher Zusammenhang besteht, um die Verknüpfungen in der Blogosphäre zu verstärken.

Tag/Tagging:
Ein Tag-Editor (oder Tagger) ist eine Software, die in erster Linie das Editieren von Metadaten in Multimedia-Dateiformaten erlaubt, anstatt den eigentlichen Inhalt der Datei zu verändern. Dies sind hauptsächlich Tagger für die bei gängigen Audioformaten üblichen Tagging-Systeme wie ID3, APE und Vorbis comments. Es können aber zum Beispiel auch Tagger für JPEG- oder TIFF-Metadaten sein.
Ein gängiges Anwendungsgebiet eines Tag-Editors ist es, die Metadaten von Multimedia-Dateien zu korrigieren und sie nach dieser Ordnung im Dateisystem zu sortieren. Fortschrittliche Tagger bieten dazu eine Stapelverarbeitung an, damit nicht jede Datei einzeln bearbeitet werden muss.
Typische Metadaten zu einem Buch sind beispielsweise der Name des Autors, die Auflage, das Erscheinungsjahr, der Verlag und die ISBN. Zu den Metadaten einer Computerdatei sind unter anderem der Dateiname, die Zugriffsrechte und das Datum der letzten Änderung zu zählen

Social Bookmarking:
Social Bookmarks sind Internet-Lesezeichen, die in einem Netz (Internet oder Intranet) mit Hilfe einer Browser-Oberfläche von verschiedenen Benutzern durch Gemeinschaftliches Indexieren erschlossen und mittels eines RSS-Feeds bereitgestellt werden. Sogenannte Social Bookmark Netzwerke können neben dem Sammeln von Links und Nachrichtenmeldungen auch zum Sammeln von Podcasts oder Videos konzipiert sein.
Zu den deutschen Vertretern, die sich auf das bookmarken von News spezialisiert haben, gehören unter anderem Webnews, yigg und tausendreporter.
Nutzer können bei allen Anbietern eigene Lesezeichen hinzufügen, löschen, kommentieren bzw. mit Kategorien oder Schlagwörtern (tags) versehen. Ebenso haben sie Einblick in die Lesezeichen anderer Nutzer. Social Bookmarks lassen sich nach Kennwörtern (Tags), Tag-Kombinationen oder Benutzern auflisten. Zudem gibt es in vielen Fällen eine Auflistung der von allen Nutzern zuletzt gespeicherten Lesezeichen auf der Startseite sowie eine Liste der beliebtesten Links. Jede dieser Linklisten lässt sich mit Hilfe eines RSS-Feeds verfolgen.
Alles roger? Dann können Sie ja nun beruhigt auf Ihrer Tagwolke schweben und träumen……
Manfred Hluma

Freitag, 25. Januar 2008

"Kontradieff, die 6." oder "Über die Salutogenese"

Das Faszinierende an der Salutogenese ist es, dass es sich gleichermaßen um ein Forschungsprogramm, ein Bildungsprogramm, ein Gesundheitsprogramm, ein Stressbewältigungsprogramm und alltagsrelevantes Lebens-Programm handelt, das sich inzwischen auch die WHO zu eigen gemacht hat.
Drei Ansätze sind die innovativen Pfeiler des Salutogenesemodells:
• Eine neue Betrachtung von Gesundheit und Krankheit durch das Gesundheits- Krankheits-Kontinuum
• Eine Neubewertung der Wirkung von Stressoren
• Eine neue Betrachtung der Ressourcen und Perspektiven des Einzelnen

Bei der Verarbeitung von Stressoren bzw. der Bearbeitung von Stressreaktionen helfen neben gut ausgeprägten generellen Einstellungen (Kohärenzgefühl) persönliche Widerstandsressourcen, die es im salutogenetischen Ansatz aufzufinden und zu fördern gilt.
Niemand würde bestreiten, dass der Erreger von Tuberkulose der entscheidende kausale Faktor für die Tuberkuloseerkrankung ist. Aber es ist durchaus nicht so, dass Menschen ohne Stress nicht krank werden. Im Gegenteil: Stressoren agieren häufiger als angenommen als Gesundheitserreger. Sie stellen eine Herausforderung dar, sich in Richtung Gesundheit zu entwickeln.

Als Schutzfaktoren für die Gesundheit nennt Antonovsky neben körpereigenen und genetischen Abwehrkräften auch individuelle, kulturelle und soziale Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Problemlösung wie Ich-Stärke, Intelligenz, Einfühlungsvermögen, soziale Unterstützung, materieller und geistiger Wohlstand und alltagstaugliche Bewältigungsstrategien (wie Höflichkeit, Chuzpe, Notlügen usw.).
Der Organismus ist nach seinem Konzept bestrebt, zumindest ein Gleichgewicht zwischen bedrohlichen und gesundheitsförderlichen Anteilen zu erreichen. Gesundheit bzw. Gesundung wird durch den Zusammenhang von drei dauerhaften geistig-seelischen Grundorientierungen bzw. Einstellungen (Sense of Coherence= Kohärenzerleben oder Kohärenzgefühl) befördert, über die gesunde Menschen in besonders ausgeprägter Weise verfügen:
Verstehbarkeit: Umwelt, Situationen, Ereignisse, Entwicklungen, andere Menschen und auch das eigene Selbst werden erlebt als irgendwie strukturiert, geordnet, verstehbar, erklärbar und in gewisser Weise als vernünftig vorhersagbar. Welt und Selbst erscheinen nicht als schicksalhaft und unergründlich.
Handhabbarkeit/Bewältigbarkeit: Vor dem Hintergrund der Verstehbarkeit erwächst der Eindruck von Handhabbarkeit. Man hat gleichsam die Gewissheit, generell über geeignete Ressourcen und Hilfsquellen zu verfügen, um innere und äußere Herausforderungen, Probleme und Schwierigkeiten tatsächlich meistern zu können. Dazu können eigene Ressourcen, Helfer oder höhere Mächte beitragen.
Sinnhaftigkeit/Bedeutsamkeit: Bei dieser wichtigsten Komponente geht es um das Ausmaß, in dem jemand sein Leben, seine Biographie, sein Tun, seine Ziele und Werte als sinnvoll, interessant und lebenswert erachtet. Deshalb lohne sich Einsatz und Engagement, auch wenn nicht alles so klappt, wie man es sich manchmal vorstellt.

“Schon seit längerer Zeit hatte ich es als unbefriedigend empfunden, dass sich Psychologen fast ausschließlich mit Krankheit befassen. Menschen in Not zu helfen, ist ein ehrenwertes Ziel. Aber mir war auch stets das komplementäre Ziel wichtig: das Leben gesunder Menschen zu bereichern“, erzählte der deutsche Religionsphilosoph Christoph Jacobs und Salutogenese-Forscher in einem Interview und er empfiehlt den Menschen, sich auch aus den Religionen Kraft zu holen.

Bei der Salutogenese geht es prinzipiell um die Änderung der Blickrichtung weg von Krankheit und Defizit hin zu Gesundheit und Stärken der Menschen. Der Prozess läuft seit einigen Jahren, eine Dekade der Gesundheitswissenschaften hat begonnen. Zu einem durchgreifenden Umdenken kommt es erst langsam. Denn so provozierend es auch klingen mag, es dürfte stimmen, was Max Planck einmal gesagt hat: „Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden und sich als belehrt erklären, sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben, und dass die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut ist.“
Manfred Hluma

Sonntag, 20. Januar 2008

„Kondratieff, der 6.“ oder „Die gesunde Zukunft“

Im laufenden sechsten Kondratieffzyklus kommt es zu einer grundlegenden Veränderung in den produktivitätsbestimmenden Wettbewerbsfaktoren. „Im Wettbewerb der Zukunft wird die Unternehmen und Volkswirtschaften die Gesundheit ihrer Menschen und die Qualität ihres Gesundheitswesens und zwar körperlich, seelisch, geistig, sozial und ökologisch, unterscheiden“, meinen Forscher.

Gesundheit ist der neue Megamarkt des 21. Jahrhunderts

Das herkömmliche Gesundheitswesen ist allerdings noch eher Hemmnis als Motor, da es mit vielen Problemen belastet ist: starke innovationshemmende Einzelinteressen, zuwenig Gesundheitswissen, zu viel Bürokratie, zu viel Verschwendung von Ressourcen, zu wenig Aufklärung und Prävention.
Behandelt werden vor allem Symptome, weniger die Krankheitsursachen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die einseitige Ausrichtung auf Krankheiten für die Gesellschaft dadurch teuer und schädlich, weil dadurch die meisten Akteure finanziell auf eine ausreichende Zahl von Kranken und Krankheiten angewiesen sind und kein wirkliches Interesse an einer gesunden Bevölkerung haben können. Es klingt zynisch, aber Wachstum im derzeitigen "Gesundheitswesen" findet praktisch nur statt, wenn es noch mehr Kranke und noch mehr Krankheiten gibt. Die Zahl der Erkrankungen nimmt seit Jahrzehnten ständig zu, bedingt zum Teil durch das Älterwerden der Menschen, aber auch durch den moderne Lebens-, Arbeits- und Ernährungsstil. Jeder vierte Jugendliche in Europa leidet unter Allergien, in zehn Jahren dürfte es jeder zweite sein. Die Zahl der Diabetiker wird sich in den nächsten zehn Jahren weltweit verdoppeln.

Paradigmenwechsel: Salutogenese statt Pathogenese


In der Umstrukturierung des Gesundheitswesens von Krankheits- auf Gesundheitsorientierung schlummern deshalb die größten Produktivitätsreserven. Dafür sind neue Konzepte und Strategien nötig.
Eine greifbare Möglichkeit dazu ist die Salutogenese - sie steht für die „Entstehung von Gesundheit“. Das salutogenetische Konzept wurde den 80er-Jahren in Weiterführung des Stressmodells von Richard Lazarus durch den amerikanisch-israelischen Medizinsoziologen Aaron Antonowsky als Gegenstück zum Begriff der Pathogenese entwickelt.
Das Entscheidende an diesem Begriff ist der Paradigmenwechsel der Suchrichtung. Man fragt nicht mehr: „Was macht (einzelne) Menschen krank?“, sondern: „Was macht (alle) gesund?“.
Gesundheitsförderung besteht deshalb im salutogenetischen Ansatz darin, die stabilisierenden, gesunden Anteile und Kraftquellen in den Vordergrund zu stellen, sie konkret zu benennen, aktiv zu begünstigen und sich selbst entsprechend zu verhalten.
Antonovsky illustriert sein Konzept mit dem Bild eines gefährlichen Flusses, in dessen Strömungen, Stromschnellen und Strudeln sich die Menschen in einem ständig bedrohten gesundheitlichen Gleichgewicht befinden. Gleich einem Rettungsschwimmer würde ein traditioneller Arzt mit seiner pathogenetisch ausgerichteten Medizin versuchen, einen Ertrinkenden aus dem Strom zu retten.
In der Salutogenese hingegen will man den Menschen ermöglichen, zu schwimmen, gut und besser zu schwimmen. Dieses gute Schwimmen wird für Antonovsky dadurch möglich, dass die Menschen grundsätzlich Schwimmer sind. Sie verfügen über geistig-seelische Fähigkeiten und Sinnorientierungen, um mit Herausforderungen, Problemen und Bedrohungen umgehen zu können. So können sie gesund bleiben bzw. sich wieder erholen.
Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsförderung sind nach Antonovkys Metapher gleichsam Schwimmtraining. Der Lebensfluss bleibt so gefährlich, wie er nun einmal ist, allenfalls benötigen manche Schwimmer Schonräume zum Erinnern und Üben eigener Fähigkeiten sowie Hilfestellung zur Verbesserung ihrer Schwimmtechniken.
Das salutogenetische Modell geht von einem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum aus. Jeder Mensch befindet sich zu jedem Zeitpunkt seiner Existenz auf dem Kontinuum zwischen Krankheit und Gesundheit. Und die zentrale Frage lautet: Was rückt die Leute in Richtung des gesunden Ende dieses Kontinuums?
Mehr darüber in Kürze.
Manfred Hluma

Montag, 14. Januar 2008

„Die gesunde Welle?“ oder „Kondratieff, der 6.“

Der Gesundheitsmarkt wird die Wachstumslokomotive des 21. Jahrhunderts. Das zeigt eine Analyse der sogenannten Kondratieffzyklen.
Neben kurzen und mittleren Wirtschaftsschwankungen mit einer Dauer von drei bis elf Jahren treten in der Marktwirtschaft auch lange Schwankungen mit einer Periode von 40 bis 60 Jahren auf, die sogenannten Kondratieffzyklen.
Auslöser sind dabei stets bahnbrechende Erfindungen, also Basisinnovationen.

Seit dem späten 18. Jahrhundert haben fünf Kondratieff-Zyklen stattgefunden. Der erste Langzyklus wurde durch die Erfindung der Dampfmaschine und ihre Anwendung insbesondere in der Textilindustrie ausgelöst. Der zweite Kondratieffzyklus war die große Zeit des Stahls. Der Dritte kam durch die elektrotechnische und chemische Industrie zustande. Es war der erste Langzyklus, der von der praktischen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse profitierte. Die Basisinnovationen des vierten Kondratieffs waren Petrochemie und Automobil. Sie brachten den Massenverkehr auf der Straße und in der Luft und markierten zugleich den Höhepunkt der Industriegesellschaft. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts befand sich die Weltwirtschaft im fünften Kondratieffzyklus, der seine Antriebsenergie aus der Entwicklung und Verwertung der Informationstechnik bezog.

Kondratieffzyklen sind immer Reorganisationsprozesse der ganzen Gesellschaft. Dazu ein kleiner Exkurs: Im vierten Kondratieffzyklus beispielsweise wuchsen die Automobilhersteller zu Weltkonzernen heran und die gesamte Gesellschaft änderte nicht nur ihr Verkehrsverhalten. Für die Stahlindustrie und Mineralölwirtschaft waren die Automobilhersteller die wichtigsten Kunden. Die Bauwirtschaft profitierte vom Bau von Straßen, Autobahnen, Brücken und Garagen; die Banken von den Krediten, die sie an Hersteller und Käufer vergaben, die Versicherungen profitierten von der Kfz-Versicherung, der Tourismus von der Mobilität, die das Auto ermöglichte, genauso der gesamte Handel, das moderne Transportwesen, die Fahrschulen, Automobilclubs und Autokinos. Ein neues Rechtssystem - das Verkehrsrecht - musste geschaffen werden, um den geordneten Umgang mit Kraftfahrzeugen zu gewährleisten. Und wegen der auftretenden Unfälle braucht man Sachverständige, Rechtsanwälte, Richter und Reparaturwerkstätte.
Außerdem war das Auto war Voraussetzung für den fünften Kondratieffzyklus, denn ohne ein flexibles Transportmittel hätten die Millionen von PCs, Drucker, Bildschirme kaum transportiert werden können.

Gesundheit als Wachstumsreserve
Nachdem der größte Teil des Nutzungspotentials des fünften Kondratieffzyklus zur Jahrhundertwende erschlossen war, verebbt er rapid und parallel dazu hat inzwischen der sechste Kondratieff begonnen. Eine genaue Analyse zeige, dass der Gesundheitssektor der Träger des nächsten Langzyklus sein wird und Basisinnovationen die psychosoziale Gesundheit und die moderne Biotechnologie sein werden, schreiben Zukunfts- und Wirtschaftsforscher.
Während die Biotechnologie schwerpunktmäßig den Umgang mit körperlicher Gesundheit revolutionieren wird, sollen mit der psychosozialen Gesundheit die bisher wenig erforschten inneren Informationsprozesse im Menschen, das weite Feld der seelischen und sozialen Potentiale besser verstanden und erschlossen werden.
Doch kann der Gesundheitssektor in Zukunft tatsächlich die Rolle einer Lokomotive für Wachstum und Beschäftigung übernehmen? Krankheitskosten gelten allgemein als etwas Negatives, als ein Kostenfaktor, den man möglichst niedrig halten möchte. Auf den ersten Blick darf man deshalb durchaus bezweifeln, dass Gesundheit sich zu einem bedeutenden Wachstumsmotor entwickeln wird, denn bisher wurden lange Phasen der Prosperität wurden bisher von “harten” Technologien wie Dampfmaschine, Eisenbahn, Automobil, Informationstechnik getragen. Wie können nun “weiche”, biologische, psychische und soziale Faktoren Träger eines neuen Wachstumszyklus werden? Und was bedeutet Salutogenese? Mehr darüber in Kürze.
Manfred Hluma

Dienstag, 8. Januar 2008

„Service oder Wegwerfen?“ oder vom Irrsinn der Wartungskosten

Zwar predigen die großen Markenartikler gebetsmühlenartig nicht nur die Qualität ihrer Produkte sondern auch ihr kundenfreundliches Verhalten und streichen immer stärker ihr ökologisches Gewissen heraus, doch die Praxis sieht anders aus.
Konkretes Beispiel: der Laser-Farbdrucker, gerade einmal wenig mehr als ein Jahr alt und keineswegs extremen Druckmengen ausgesetzt, produziert nur noch Ausdrucke mit Streifen.
Eigenhändige Versuche des Reinigens der Farbköpfe bringen lediglich eine marginale Verbesserung, also bleibt nur der Hilferuf an die Serviceabteilung des Herstellers.
Ja, selbstverständlich könne man einen Techniker schicken, wolle aber nur darauf hinweisen, dass die Einsatzpauschale 392 Euro beträgt. Nein, das sei kein Hörfehler, 392 Euro stimmen schon. Der Einwand, dass man darum bereits nagelneue Geräte bekäme, könne schon stimmen, aber das sei ja die Entscheidung des Kunden.
Und die fällt leicht. Zum Pauschalpreis kommen ja dann noch etwaige Ersatzteilkosten, also würde die Reparatur unscharf gerechnet rund 500 Euro kosten.
Resultat: ein neuer Laserdrucker um rund zwei Drittel der Reparaturkosten steht im Büro und der alte wandert zum (Sonder-)Müll. Von wegen Nachhaltigkeit der Produkte und sinnvollem Einsatz der Ressourcen.
Ein anderes Beispiel gefällig? Der E-Herd hat offenbar einen Wackelkontakt und heizt nach Belieben. Der angeforderte Servicemann kann erst nach zwei Wochen (!) kommen. Dann stellt er einen offenbaren Wackelkontakt fest und meint, den könne er nicht beheben. Möglicherweise sollte man gleich den ganzen Teil austauschen, aber den habe er sowieso nicht mit und in Wien gäbe es ihn auch nicht. Sämtliche Ersatzteile müssten in der BRD bestellt werden, Rationalisierung der Lagerbestände und so. Jetzt sei einmal die Pauschale (160 Euro) fällig. Doch wenn gewünscht, käme er in etwa zwei Wochen mit dem Ersatzteil wieder und würde ihn einsetzen, natürlich nicht kostenlos, das sei leider nicht möglich….
Ärgerlich – und bekannt - ist auch die Ersatzteil-Politik der Autoerzeuger. Jüngst bei der Behebung eines kleinen Lichtschadens bei der Vertragswerkstätte eines 35.000-Euro-Autos: „Können Sie die LCD-Anzeige an der Mittelkonsole auch gleich richten?“
Nein, leider nicht, dieser Teil muss bestellt werden. Und – ein warnender Blick des Mechanikers – leider sei das nicht ganz billig. Das wenige Quadratzentimeter kleine Stück kostet 540 Euro, dazu noch die Neuprogrammierung, also kommt das auf knapp 600 Euro. Auf die spontane Äußerung „Da kann man ja eine Woche auf Urlaub fahren!“ antwortete der Mechaniker mitleidig: „Recht habn´s, is wahrscheinlich eh gescheiter“. Wenigstens einer, der noch ein Herz für Kunden hat.
Manfred Hluma

Dienstag, 4. Dezember 2007

"Der größte Elch der Welt" oder „Ein Riesenstorch für Mörbisch?“

Seit Jahren verfolgt ein Schwede seinen Traum - den vom "größten Elch der Welt". Nun hat Thorbjörn Holmlund, Besitzer eines Wildniscamps, offiziell grünes Licht für den geplanten Holzbau. Nach seiner Fertigstellung soll der Monumental-Elch Platz für ein Restaurant und 350 Menschen bieten. Mit seiner Idee setzt Holmlund auf das Motto „Alles Elch": Gäste, die bisher nur wegen der Tiere gekommen waren, soll künftig auch der „atemberaubende Ausblick“ vom „Geweih“ des 45-Meter-Kolosses nach Nordschweden locken.

elchrestaurant

Vielleicht sollten sich auch Österreichs Touristiker ein Beispiel nehmen, um ebenfalls mit Monumentalstatuten mehr Touristen in die Alpenrepublik zu locken. Die geplante Weltkugel von Frank Stronach in Ebreichsdorf wurde ja verhindert, um dort wertvolles Gestrüpp zu schützen.
Aber es gibt ja andere Möglichkeiten: Für das Burgenland bietet sich ein Riesenstorch in Mörbisch an. Oben im Schnabel sitzend können die Gäste den Operetten zusehen, während Harald Serafin unten beim Eingang steht und dauernd „Wunderbar“ ruft.

In den USA locken die in Stein gehauenen Köpfe früherer US-Präsidenten in Mount Rushmore Millionen Besucher an. Ähnliches lässt sich auch bei uns andenken.
Im Bärental könnte man beispielsweise den Kopf von Jörg Haider in die Felsen meisseln lassen. Und daneben die Abbilder früherer Freunde, bis das Tal voll ist.
Oder ein Felsporträt von Bundespräsident und Naturfreund Heinz Fischer auf der Hohen Wand, nahe seines Wochenendrefugiums. Natürlich müsste man das Bergplateau dann leicht umtaufen – auf „Höchste Wand“.
Das geschnitzte Gesicht von Wiens Bürgermeister Michael wiederum passt auf den Bauch des noch zu errichtenden größten Weinfasses Europas mit fünf Stockwerken im Inneren – natürlich in Grinzing. Das wäre jede Menge Weinseligkeit hinter Häupls Fassade.
In Niederösterreich böten sich Kornkreise an, die aus der Luft betrachtet als Konterfei von Erwin Pröll erkennbar sind.
Im sparsamen Vorarlberg hingegen bräuchte es keine Skulptur: Dort sitzt dann einfach Hubert Gorbach auf dem Gebhartsberg oberhalb von Bregenz und ruft täglich in den vielen ihm geläufigen Sprachen „Wer will mich“ ….
Manfred Hluma

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hlumamanfred - 25. Mär, 10:15
Sehr interessant
Informativer Artikel. Ich wusste noch nichts von den...
Carlaa - 1. Mär, 00:08

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